Olympisches Gold im Herankarren
Wäre die Akquise von Sportveranstaltungen olympisch, Tirol würde sich auf Jahre hinaus in der Spitze etablieren. Dem Land fehlt zwischen seinem Olympia-Traum und der EURO-Erinnerung eine Vision.
Von Florian Madl
Innsbruck –Sportfunktionäre wie Jacques Rogge sind auf Diplomatie geeicht. Als der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees einmal auf den immer jungen Traum Tirols angesprochen wurde, Olympische Winterspiele für Erwachsene auszurichten, lächelte der Belgier nur kurz: „Unmöglich ist nichts.“ Man muss nicht zwischen den Zeilen lesen, um zu bemerken: Wahrscheinlicher wären wohl Winterspiele in der Wüste von Katar.
Es ist ein altes Dilemma, in dem sich Tirol seit jeher befindet: Die einen mahnen, die anderen planen. Und beide Seiten wollen voneinander nichts wissen. Würde man vor Finanzierung und Umsetzung die Frage der Sinnhaftigkeit beantworten, dann hätte sich Tirol schon so manchen Euro gespart.
Auf der Habenseite: gewachsene Veranstaltungen auf Spitzen- und Breitensportseite. Hahnenkammrennen, Biathlon Hochfilzen, Air & Style, Bergiselspringen, Koasalauf, Achenseelauf. Vereine planen, Touristiker helfen, Sponsoren zahlen (gerne). Und am Ende stehen schwarze Zahlen. Und Nächtigungen. Und Medienkontakte. Und im Fall der begeisternden Olympischen Jugendspiele sogar Infrastruktur. Erfolgreich zu sein, muss nicht viel kosten, die Handball-EURO entwickelte sich dank Gruppengegner Deutschland zum Schnäppchengeschäft. Oder die Eishockey-WM.
Im Soll: ein Tennis-Daviscup, möglicherweise der größte Flop der vergangenen Jahre. 2007 wollten in Innsbruck 150 Zuschauer Brasilien und seinen alternden Star Gustavo Kuerten gegen Österreich spielen sehen. Oder die Volleyball-EURO, die trotz des Engagements der regionalen Organisatoren danebenging. Wie auch anders, wenn die Vermarktung nicht in ihren Händen lag.
Die Fußball-EURO 2008 machte den Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit offensichtlich: Was soll die drittgrößte Sportveranstaltung der Welt in einem Land, dessen Kernkompetenz nicht Strafräume, sondern Steilhänge sind (siehe unten). Im Gegenzug bedurfte es mehrerer Jahre, um die Nachwuchsakademie für Tiroler Talente im Innsbrucker Westen umzusetzen – für einen Bruchteil des EURO-Budgets. Tirol scheitert bisweilen daran, sich gerne im Rampenlicht zu sonnen. Ob das die Bevölkerung goutiert, ihren Bedürfnissen gerecht wird, registriert man kaum. Brot und Spiele.
Als weiteres Wunschprojekt firmierte zuletzt der Auftakt der Tour de France in Innsbruck. Mit zwei bis drei Millionen Euro beziffert und einer entsprechenden Infrastruktur (Parkflächen, neue Straßenbeläge etc.). Mit der Österreich-Rundfahrt ist Tirol eher dort, wo es hingehört. Mit Tourismus-Klassikern, mit Lauf-, Langlauf- und Radmarathons. Oder mit Trendsport, dem Downhill am Brenner, dem von der Nordkette oder dem Air & Style.
Sollten sich die Verantwortlichen im Land endlich zu einem Leitbild durchringen, könnte man sich so manchen touristischen Spagat ersparen. Es bedarf keiner Werbeeinschaltung wie jener von der Brennerautobahn, um das Land authentisch ins Bild zu rücken.