Stuck im Interview: „Massa sollte den Hut nehmen“
Noch vor dem sonntägigen Grand Prix in Ungarn heißt es Halbzeit in der Formel 1. Die TT sprach mit Ex-Formel-1-Pilot und VW-Repräsentant Hans-Joachim Stuck (GER) über seine persönlichen Höhepunkte.
Innsbruck –Das Wort „langweilig“ ist aus dem Formel-1-Jargon seit heuer verschwunden. Das sieht auch Formel-1-Experte Hans-Joachim Stuck so. Seine persönliche Halbzeitbilanz sieht folgendermaßen aus:
Herr Stuck, was ist Ihr persönlicher Höhepunkt nach bisher zehn Grands Prix?
Hans-Joachim Stuck: Ganz klar: Fernando Alonso und Ferrari. Der Spanier ist ein maximaler Racer und der Titelanwärter. Ich war am Wochenende in Hockenheim und habe da miterlebt, was für eine Leidenschaft auch die italienischen Mechaniker an den Tag legen. Das ist beeindruckend. Dabei hätte man am Anfang der Saison keinen Pfennig auf ihn und die Scuderia gesetzt.
Weltmeister Sebastian Vettel wackelt hingegen.
Stuck: Er erlebt momentan eine schwierige Phase. Aber der Junge ist Doppelweltmeister und so etwas haben alle großen Fahrer schon erleben müssen. Egal, ob das ein Schumacher, ein Senna oder ein Prost war. Bisher hat er ja alles immer gewonnen, egal, wo er am Start gestanden ist. Aber jetzt steigt ihm auch sein Teamkollege Mark Webber auf die Zehen. Damit muss er leben.
Apropos Michael Schumacher – macht er weiter?
Stuck: Ja, davon bin ich überzeugt. Ich habe im Qualifying beim Mercedes-Boxenfunk mithören dürfen und ich habe erlebt, wie heiß er noch ist. Die Kommandos waren mit viel Schärfe – niemand macht das, wenn er kurz vor dem Aufhören steht. Und er tut der Formel 1 sehr gut, weil Schumacher auch polarisiert.
Wer hat Sie bisher enttäuscht?
Stuck: Lewis Hamilton. Der McLaren-Pilot hat keine Konstanz und fällt immer wieder mit Unsportlichkeiten auf.
Ist Felipe Massa (Ferrari) ein weiterer Flop?
Stuck: Massa ist kein Flop, sondern schon ein Drama. Der sollte seinen Hut nehmen. Er hat unter Schumacher gelitten – jetzt unter Alonso. Er sollte ehrlich zu sich selbst sein und sagen: Okay, es hat mich sehr gefreut, ich habe gut verdient, aber jetzt mach ich etwas anderes.
Was macht die Formel 1 heuer so spannend für Sie?
Stuck: Da gibt es drei Parameter: der bewegliche Heckflügel DRS, das Beschleunigungssystem KERS und das Reifenroulette durch Pirelli. Es ist wirklich faszinierend, wenn man sieht, wie klein das Arbeitsfenster der Reifen mittlerweile geworden ist. Nico Rosberg hat beim Hockenheim-Qualifying die Reifen nur eine halbe Runde abkühlen lassen und schon ist nichts mehr gegangen.
In Hockenheim stand auch Red Bull mit seinen grenzwertigen Entwicklungen im Fokus.
Stuck: Das ist ein ganz heikles Thema. Da trägt aber auch die FIA eine Mitschuld, weil die Regularien nicht genau formuliert sind. Es ist ja klar, dass jedes Team an die Grenzen geht. Es beschäftigen sich 1000 Leute mit den Regeln. Da muss es jedoch möglich sein, die auf den Punkt zu bringen.
Was erwarten Sie für die zweite Hälfte der Saison?
Stuck: Einen WM-Dreikampf zwischen Alonso/Webber/Vettel – da wird noch einiges passieren. Einen Sieg von Michael Schumacher, denn der ist überfällig. Und einen Kimi Räikkönen darf man nicht vergessen. Der gehört zu den Personen des Jahres. So eine Rückkehr hätte ihm niemand zugetraut.
Das Gespräch führte Daniel Suckert