„Die Welt schaut zu“: Obama warnt Syrien vor Chemiewaffen-Einsatz
Würde Syriens Präsident Assad im Kampf um den Machterhalt bis zum Äußersten gehen? International wächst die Sorge, das Regime könnte Chemiewaffen einsetzen. Europa bereitet sich unterdessen auf eine Flüchtlingswelle aus Syrien vor.
Damaskus – US-Präsident Barack Obama hat Syrien vor einem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Europa bereitet sich auf einen Ansturm syrischer Flüchtling vor und setzt das Assad-Regime mit schärferen Sanktionen unter Druck.
Obama sagte am Montag in Nevada, die Machthaber in Damaskus sollten keinen „tragischen Fehler“ begehen und chemische Waffen einsetzen. „Die Welt schaut zu.“ Und sie würde das Regime zur Verantwortung ziehen, mahnte er. Ähnliche hatte sich bereits das Verteidigungsministerium in Washington geäußert. Damaskus „sollte nicht einmal im Ansatz darüber nachdenken, Chemiewaffen einzusetzen“, meinte Pentagonsprecher George Little.
Regime rudert zurück
Nach den heftigen internationalen Reaktionen hat Syriens Führung am Dienstag Aussagen zum möglichen Einsatz von Chemiewaffen korrigiert. Das arabische Land würde „niemals chemische und biologische Waffen nutzen“, erklärte der Außenministeriumssprecher Jihad Makdissi nach Angaben des staatlichen syrischen Fernsehens vom Dienstag.
Am Vortag hatte derselbe Sprecher erklärt, Syrien würde Chemiewaffen zwar nicht gegen die Aufständischen im eigenen Land, wohl aber gegen „äußere Aggressoren“ einsetzen. Die Aussage war im Ausland als Drohung aufgefasst worden, zumal das Regime von Präsident Bashar al-Assad nicht müde wird, die Rebellion als „vom Ausland gesteuert“ zu brandmarken.
Inzwischen hat die syrische Militärführung Schritte eingeleitet, diese Waffen in Gebiete zu bringen, die von den Aufstandsgebieten weiter entfernt sind. „Es ist nur natürlich, dass diese Waffen, insofern sie existieren, sicher gelagert werden“, wurde Makdissi am Dienstag zitiert.
Gefängnisrevolte in Aleppo
Bei der gewaltsamen Unterdrückung einer Meuterei sind in einem Gefängnis der syrischen Stadt Aleppo acht Häftlinge getötet worden. Wie der oppositionelle „Syrische Nationalrat“ (SNC) mitteilte, setzten die Sicherheitskräfte in der Nacht auf Dienstag scharfe Munition und Tränengas gegen einen „friedlichen Sitzstreik“ der Insassen des zentralen Gefängnisses von Aleppo ein. Dort habe es zudem einen Brand gegeben. Das Gefängnis sei aber aus der Luft von Helikoptern beschossen worden, so dass den Häftlingen nicht habe geholfen werden können.
Die Gefangenen wollten nach Angaben des SNC mit dem Sitzstreik gegen die schlechte Behandlung in dem Gefängnis protestieren. Vor drei Tagen hatte es bereits eine Meuterei im Gefängnis von Homs gegeben, die ebenfalls gewaltsam unterdrückt wurde. In beiden Haftanstalten sollen nach Darstellung der Opposition seit Beginn der Revolte gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad „Massaker“ stattgefunden haben.
Europa erwartet Flüchtlingswelle
Angesichts der Eskalation der Lage in Syrien steht für die 200.000 westlichen Ausländer in der Region ein Rettungsplan bereit, wie es beim Treffen der EU-Innenminister in Zypern hieß. Wenn die Flüchtlinge in den Nachbarländern nicht ausreichend Hilfe fänden, würden sie Richtung Europa weiterziehen, sagte die zyprische Innenministerin Eleni Mavrou. Die EU müsse nun schnell handeln. Brüssel stockte seine Syrienhilfe um 20 Millionen Euro auf. Der kleine Inselstaat Zypern ist nur etwa 100 Kilometer von der syrischen Küste entfernt. Das Land hat nach Angaben Mavrous alles vorbereitet, um Europäer, Amerikaner und andere Drittstaatler aus den Bürgerkriegswirren in Sicherheit zu bringen.
Sollte sich die Lage weiter verschärfen, könnten bis zu 200.000 Menschen auf Zypern für mindestens 48 Stunden versorgt werden. Flüchtlinge könnten auch über die Türkei und den türkischen Nordteil der Insel in die EU gelangen.
Österreich stellt sich auf einen Flüchtlingsstrom aus Syrien ein. „Wir müssen der völkerrechtlichen Verpflichtung nachkommen“, betonte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) in einem Gespräch mit dem „Kurier“ (Dienstagsausgabe). Im Vergleich zum Jahr 2011 sei die Zahl syrischer Asylwerber in Österreich um 144 Prozent auf 368 Personen gestiegen, berichtete die Ministerin. „Mehr als 80 Prozent wurden anerkannt.“ (APA/dpa/Reuters)