Fall Bakary J.: Aufenthaltsverbot für Polizei-Opfer aufgehoben
Das Aufenthaltsverbot für das Folteropfer ist aus Gründen der Sicherheit nach sechs Jahren Unbescholtenheit nicht mehr notwendig. Nun soll die Frage der Entschädigung geklärt werden.
Wien – Bakary J. droht jetzt keine Abschiebung mehr. Das im Jahr 2005 verhängte Aufenthaltsverbot für den Gambier, der im April 2006 von Polizisten in eine Lagerhalle in Wien-Leopoldstadt verschafft und dort schwer verletzt worden war, ist aufgehoben. Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck bestätigte am Dienstag eine entsprechende Vorab-Meldung der am Mittwoch erscheinenden Wochenzeitung Falter.
Keine Gefahr „für die Sicherheit der Republik“
Laut Grundböck wurden Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot, wie gesetzlich vorgesehen, auf Anregung von Bakary J.‘s Anwalt überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass der Gambier seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes vor sechseinhalb Jahren unbescholten geblieben ist. „Unter schwierigen Umständen“, wie Grundböck betonte. Bakary J. lebt mit Frau und Kindern in Österreich, durfte aber wegen des fehlenden Aufenthaltstitels keiner Arbeit nachgehen. Die Familie war auf die Teilzeitbeschäftigung der Frau des Afrikaners angewiesen.
Das Aufenhaltsverbot gegen den Gambier wurde von der Fremdenpolizei im Jahr 2004 „wegen eines schwerwiegenden Suchtgiftdeliktes“ verhängt. Für die Sicherheit der Republik wurde es dem Innenministeriums-Sprecher zufolge nun als nicht mehr notwendig befunden, das Verbot aufrechtzuerhalten. Damit darf Bakary J. nun auch einer geregelten Arbeit nachgehen.
Bisher kein Antrag auf Entschädigung
Auch die Entschädigungsfrage soll nun geregelt werden. Das Polizei-Opfer habe bisher keinen Antrag auf Zahlungen gestellt, so Grundböck. „Entschädigungszahlungen stehen ihm jedenfalls zu“, sagte der Innenministeriums-Sprecher. Man werde das Gespräch mit dem Päolizei-Opfer suchen. Wie viel zu berechnen ist, werde wohl ein Gutachten klären müssen. Klar sei, „dass er schwerstens verletzt worden ist und dass damit längerfristige Folgen verbunden waren“. Auch die Behandlungskosten – etwa für die Traumatisierung des Opfers – seien in die Rechnung einzubeziehen. „Das Innenministerium wird jeden Euro der Entschädigungszahlung im Regress von den Tätern zurückfordern“, kündigte Grundböck an.
Nach gescheitertem Abschiebeverusch schwer misshandelt
Die vier involvierten Polizisten hatten dem Gambier umfangreiche Frakturen von Jochbein, Kiefer und Augenhöhle zugefügt. Zu der Misshandlung kam es nach einem gescheiterten Abschiebeversuch. Die vier Beamten wurden vor Gericht gestellt und 2009 wegen Quälens eines Gefangenen zu mehrmonatigen bedingten Haftstrafen verurteilt. Sie durften zunächst weiter Polizeidienst verrichten, allerdings nur im Innendienst. Zwei der Beschuldigten wurden später wegen psychischer Probleme frühpensioniert.
Dienstrechtlich landete der Fall danach vor der im Bundeskanzleramt angesiedelten Disziplinaroberkommission. Dort ging man zunächst von einer „allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung“ aus und erkannte, dass eine Entlassung nicht gerechtfertigt sei. Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid wegen „Rechtswidrigkeit seines Inhalts“ teilweise auf.
Heuer drei Polizisten entlassen
Im April 2012, nach einer Rüge des Verwaltungsgerichtshofes, habe das Gremium entschieden, „dass das Foltern eines Menschen doch kein minderschweres Vergehen“ sei. Drei der involvierten Polizisten wurden entlassen. Auch die Frühpensionierung der Folterbeamten wurde damit rückwirkend aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings eine Beschwerde der drei Entlassenen gegen den rechtskräftigen Entscheid der Disziplinarkommission des Innenministeriums akzeptiert.
Der vierte Polizist – jener, der den Folterbeamten die Lagerhalle aufsperrte – wurde nicht entlassen, sondern mit einer Geldstrafe zurück in den Dienst geschickt.
(tt.com/APA)