Innenpolitik

ÖVP versucht Darabos in die Zange zu nehmen

Berlakovich nimmt Murenkatastrophe zum Anlass, gegen das Berufsheer zu wettern, Mikl-Leitner will Asylwerber in Kasernen unterbringen.

Von Michael Sprenger

Wien –Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bleibt der Lieblingsgegner des Koalitionspartners ÖVP. In der Vorwoche unterstellte ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger Darabos, er agiere am Rande der Verfassungskonformität. Er bezog sich damit auf die geplante Umwandlung von der Wehrpflicht hin zu einem Berufsheer. Jetzt nützt Umweltminister Nikolaus Berlakovich (VP) die Unwetterkatastrophe in der Steiermark aus, um gegen ein mögliches Berufsheer zu Felde zu ziehen. Die allgemeine Wehrpflicht sei ein Garant dafür, dass in Krisensituationen das Bundesheer schnell anrücken und helfen kann. Ohne Wehrpflicht könnten „wir die Schäden in der Region nicht beseitigen“, bekräftigte Berlakovich vor der gestrigen Ministerratssitzung seine Aussagen. Dies ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Einerseits war es die ÖVP, die bis zur spektakulären Wende der SPÖ in der Bundesheer-Frage immer wieder das Berufsheer ins Spiel gebracht hatte. Andererseits machen die Bürger der betroffenen Katastrophenregionen die Kommission der Wildbach- und Lawinenverbauung für das Ausmaß der Vermurungen verantwortlich. Und diese Kommission ist im Ressort von Berlakovich angesiedelt. Kaum betrat Darabos gestern das Bundeskanzleramt, musste er auch schon in Verteidigungshaltung gehen. Der Katastrophenschutz, so der Minister, sei immer sichergestellt, egal mit welchem Wehrsystem. Und ein Berufsheer könnte die Aufgaben des Katastrophenschutzes sogar besser bewerkstelligen, weil professioneller. Denn die außergewöhnlichen Ausmaße der Naturkatastrophen benötigen immer spezielle Fähigkeiten. Von der Evakuierung durch Hubschrauber bis hin zum schweren Einsatz von Pioniergeräten, argumentierte der Verteidigungsminister. Er bewerte die Aussagen von Berlakovich als „letztklassig“, versucht er doch auf dem Rücken der Katastrophenopfer „politisches Kleingeld zu wechseln“.

Der Umweltminister bleibt mit seiner Meinung aber nicht alleine. Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) folgte der Argumentation ihres Parteifreundes. Zudem wiederholte sie ihr Ansinnen, Asylwerber in Kasernen unterzubringen. Auch an dieser Front herrscht also Eiszeit. Das Platzproblem für Asylwerber müsse man lösen, indem man in erster Linie die Länder verpflichte, ihre Quotenzusagen zu erfüllen, meinte Darabos vor dem Sommer-Ministerrat. Der Verteidigungsminister bezweifelt sehr, dass es Sinn mache, „traumatisierte Flüchtlinge in Kasernen unterzubringen“. Außerdem habe er keine verfügbaren Kasernen, außer jene, die zum Verkauf angeboten werden. Sollte die Ministerin also eine Kaserne brauchen, könne sie eine kaufen.

Die beiden Regierungschefs versuchten dann nach dem Ministerrat den Ball wieder flachzuhalten. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Spindelegger pochten auf die Einhaltung der Quoten durch die Länder. Eine Unterbringung von Asylwerbern in Kasernen wollte aber Faymann dann doch nicht ausschließen.