Früherer Cameron-Sprecher Coulson muss vor Gericht
Auch die frühere Chefin von Murdochs Zeitungsholding News International, Rebekah Brooks, muss sich in einem Prozess verantworten, wie die britische Staatsanwaltschaft am Dienstag bekanntgab. Insgesamt wird gegen acht Verdächtige in der Affäre Anklage erhoben.
London – In der Abhöraffäre um das britische Blatt „News of the World“ müssen mehrere prominente Ex-Mitarbeiter von Rupert Murdoch vor Gericht, darunter der ehemalige Regierungssprecher von Premierminister David Cameron, Andy Coulson. Auch die frühere Chefin von Murdochs Zeitungsholding News International, Rebekah Brooks, muss sich in einem Prozess verantworten, wie die britische Staatsanwaltschaft am Dienstag bekanntgab. Insgesamt wird gegen acht Verdächtige in der Affäre Anklage erhoben. Mögliche Termine wurden zunächst nicht genannt.
Während der Zeit von Brooks und Coulson als Chefredakteure der inzwischen eingestellten Boulevardzeitung „News of the World“ sollen Journalisten des Blatts die Telefone zahlreicher Prominenter und Politiker abgehört und Polizisten bestochen haben. Zudem sollen auch Handy-Mailboxen von Angehörigen getöteter Soldaten und eines entführten Mädchens geknackt worden sein. Die Zahl der Abhöropfer der Boulevardzeitung soll bei etwa 600 liegen.
Neben Coulson und der langjährigen Murdoch-Vertrauten Brooks geht die Staatsanwaltschaft auch gegen den früheren Redaktionsleiter Stuart Kuttner, den ehemaligen Redakteur Greg Miskiw, Ex-Nachrichtenchef Ian Edmonson, den früheren Chefreporter Neville Thurlbeck, den Reporter James Weatherup und den Privatdetektiv Glenn Mulcaire vor.
Die Beschuldigten müssen sich unter anderem wegen des mutmaßlichen Abhörens von Telefonen der US-Schauspieler Brad Pitt und Angelina Jolie sowie ihres britischen Kollegen Jude Law verantworten. Auch der britische Fußballstar Wayne Rooney und Ex-Beatle Paul McCartney sollen bespitzelt worden sein. Keine Anklage werde gegen fünf andere Journalisten erhoben, gegen die ebenfalls ermittelt worden war, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Der heute 44-jährige Coulson war in den Jahren 2003 bis 2007 Chefredakteur der „News of the World“, die ebenso alte Brooks in den Jahren 2000 bis 2003. Coulson legte seinen Posten nieder, nachdem die Abhöraffäre im Jahr 2007 ans Licht gekommen war. Später wurde er zunächst Kommunikationsberater Camerons in dessen konservativer Partei und später Sprecher des Premierministers. Dieses Amt legte Coulson im Jänner 2011 im Zusammenhang mit dem Abhörskandal nieder.
Gegen Brooks und fünf weitere Beschuldigte, darunter Brooks‘ Ehemann Charlie, einen Schulfreund Camerons, hatte die Staatsanwaltschaft bereits Mitte Mai erste Anklagen wegen versuchter Verschleierung von Straftaten erhoben. Es besteht der Verdacht, dass alle sechs Angeklagten die Aufklärung des Skandals zu verhindern versuchten, indem sie kistenweise Dokumente beiseiteschafften. Die neuen Anklagen beziehen sich auf die Abhöraktionen selbst.
Oberstaatsanwältin Alison Levitt begründete die aktuellen Anklageerhebungen im britischen Fernsehen mit einem „öffentlichen Interesse“ an den Vorgängen. Brooks teilte mit, sie sei „nicht schuldig“. Insgesamt wurden im Zusammenhang mit der Affäre bisher mehr als 70 Verdächtige festgenommen. Eine von Cameron eingesetzte Untersuchungskommission zur Medienethik soll begleitend zu den Ermittlungen bis Jahresende einen Bericht über die Vorgänge vorlegen.
Der 81 Jahre alte Murdoch hatte vergangene Woche bekanntgegeben, den Aufsichtsrat von News International sowie weitere Positionen bei seinen Zeitungstiteln zu verlassen. Das sei Teil der Neuordnung von News Corp., hatte es geheißen. Der Konzern soll innerhalb des kommenden Jahres in das profitablere Film- und Fernsehgeschäft und das zuletzt schrumpfende Verlagsgeschäft aufgespalten werden. (APA/dpa/AFP/Reuters)