Natur

Wenn Opfer sich nicht wehren

Die Kriminalstatistik weist Lücken auf, immer wieder wird auf Anzeigen verzichtet.

Von Katharina Zierl

Innsbruck, Wien –„Das kostet zu viel Zeit, das zahlt sich doch gar nicht aus, es gibt keine Hoffnung auf Aufklärung.“ Die Angaben, warum Opfer von Straftaten immer wieder auf eine Anzeige verzichten, sind vielfältig, wie eine Untersuchung des Marktforschungsinstituts MAKAM ergab. Im Rahmen des Projekts „Viktimisierung“ wird in Zusammenarbeit mit der Sicherheitsakademie im Innenministerium erarbeitet, warum die österreichische Kriminalstatistik Lücken aufweist. In einer ersten Untersuchungsreihe galten etwa geringe Erfolgsaussichten, geringer Schaden, kein Anspruch auf Schadenersatz durch die Versicherung oder auch der Zeitaufwand, den eine Anzeige mit sich bringt, bei den Opfern als Hauptgründe, nicht tätig zu werden. Insbesondere bei Bagatelldelikten erscheint Betroffenen der Aufwand laut Studie unverhältnismäßig groß.

Bei körperlichen Delikten halten laut Aussagen von Betroffenen auch Angst oder Scham von einer Anzeige ab. Für Christoph Hundertpfund, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamts Tirol, steht fest: „Jeder hat, wenn ihm Schaden zugefügt wurde, das Recht, Anzeige zu erstatten – und sollte das auch tun.“ Wer das Recht suche, „der muss eben auch einen bestimmten Aufwand in Kauf nehmen“, sagt Hundertpfund.

Natürlich müsse jeder selbst wissen, ob er Anzeige erstatten wolle. „Fakt ist, dass bei jeder einzelnen Anzeige ermittelt wird. Es fällt ganz sicher nichts unter den Tisch. Wir sind dazu verpflichtet, allen Anzeigen nachzugehen“, erklärt der stellvertretende Leiter des Landeskriminalamts.

Als Gründe für eine Anzeige gaben Betroffene im Rahmen der MAKAM-Untersuchung unter anderem an, zu hoffen, dass der Täter geschnappt wird und sie gestohlenes Eigentum wieder zurückbekommen. Die Tatsache, dass die Anzeige der Versicherung vorgelegt werden müsse, spielt ebenfalls eine Rolle. Einige Betroffene gaben auch an, sie wollten von der Kriminalstatistik erfasst werden, da die Polizei nur so entsprechende Maßnahmen zur Verbrechensprävention setzen könne. Was die Präventionsmaßnahmen betreffe, würde die Kriminalstatistik nur wenig Einfluss nehmen, sagt Hundertpfund: „Sie ist diesbezüglich nicht aufschlussreich, weil sie hinterherhinkt.“