Griechenlands Premier: „Sie tun alles, damit wir scheitern“
Griechenlands Premier Antonis Samaras kritisiert die Äußerungen einiger europäischer Kollegen zu einem möglichen Euro-Austritt seines Landes scharf. „Ich weiß nur, dass sie unverantwortlich sind“, erklärte der Regierungschef.
Athen - Deutschlands Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat in Athen für richtig schlechte Laune gesorgt. Die Geldgeber verlieren zunehmend die Geduld mit dem Land, das im Teufelskreis von Sparen und schrumpfender Wirtschaft gefangen ist. Röslers Bemerkung, Griechenlands Austritt aus der Eurozone - „Grexit“ - sei kein Schreckensszenario mehr, erregt griechische Gemüter.
Griechenlands konservativer Regierungschef Antonis Samaras poltert am Dienstag im griechischen Parlament zurück. „Einige Politiker im Ausland untergraben die Bemühungen seiner Landsleute, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. Ich weiß nicht, ob sie es bewusst oder aus Dummheit tun. Ich weiß nur, dass sie unverantwortlich sind“, sagte Samaras, ohne Rösler beim Namen zu nennen.
„Wir tun, was wir können. Und sie tun alles, was in ihrer Macht steht, damit wir scheitern“, so der Regierungschef. Samaras Rede wurde im griechischen Fernsehen übertragen. Der griechische Premier betonte erneut, dass Griechenland dringend Investitionen und Wachstum brauche.
Troika will viele „Rote Karten“ in Athen verteilen
Nun sind wieder die Kontrolleure der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) - die sogenannte Troika - in Athen und überprüfen die Bücher wie auch die versprochenen Sparmaßnahmen. In Athen ist es kein Geheimnis, dass viele Auflagen bei weitem nicht erfüllt sind. „Die Troika hat viele rote Karten im Gepäck“, schrieb die Sonntagszeitung „To Vima“ aus der Hauptstadt auf ihrer Internetseite.
Neue Maßnahmen, um die Geldgeber zufriedenzustellen, sind nicht in Sicht. Die meisten Bürger sperren sich gegen weitere Lasten. Inzwischen liegt die Arbeitslosigkeit bei knapp 24 Prozent. Die Wirtschaft werde auch 2012 um mindestens sieben Prozent schrumpfen, sagte Samaras. Dringend nötig seien Reformen, die zu mehr Wachstum führten. Welche, sagte er aber nicht.
Fakt ist: In den kommenden zwei Jahren müssen weitere 11,5 Milliarden Euro gespart werden. Samaras versichert zwar immer wieder, Griechenland werde alle Auflagen erfüllen. Aber andererseits will er trotzdem mehr staatliche Investitionen für mehr Wachstum.
SPD-Haushaltsexperte fordert Entlassung Röslers
Nach den umstrittenen Äußerungen von Wirtschaftsminister Philipp Rösler zu Griechenland nimmt auch in Deutschland die Kritik am FDP-Politiker zu. „Wenn der vereidigte Wirtschaftsminister Deutschlands Steuergelder so unverantwortlich gefährdet, müsste die Kanzlerin ihn entlassen“, forderte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider am Dienstag auf „Handelsblatt Online“. Auch vonseiten der Grünen hieß es, Rösler „beschädigt das Bild Deutschlands als verlässlichen Partner in Europa“.
Hintergrund sind die Äußerungen Röslers vom Wochenende, wonach er mit Blick auf die Lage in Griechenland „mehr als skeptisch“ sei und ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone „längst seinen Schrecken verloren“ habe. Ähnlich hatte sich auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring geäußert. „Die Herren Rösler und Döring bekommen heute die Quittung für ihr unverantwortliches Gequatsche“, sagte Schneider mit Blick auf die Senkung der Bonitätsaussichten Deutschlands durch die US-Ratingagentur Moody‘s. Der SPD-Politiker wies erneut darauf hin, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone Deutschland sehr viel kosten würde.
Der Grünen-Haushaltsexperte Manuel Sarrazin kritisierte die Äußerung Röslers als „politisch naiv“. „Rösler spielt mit dem Feuer“, sagte er „Handelsblatt Online“. Es sei „absurd“, als Mitglied der Bundesregierung einen Euro-Austritt geradezu herbeizureden, während der Bundestag Milliardenhilfen beschließe, um die Kapitalflucht aus einigen Euro-Staaten zu stoppen. Der Wirtschaftsminister sorge „für zusätzliche Verunsicherung und Destabilisierung“. (dpa/APA/AFP)