Völlenklee im Interview

Betrüger zum Tanzen bringen

Markus Völlenklee, der Obmann der Tiroler Volksschauspiele Telfs, spricht im TT-Interview über das heimische Sprachbabylon, das Freiluft-Risiko und den Komödianten Felix Mitterer.

Die Tiroler Volksschauspiele Telfs starten heute mit einer Dialektfassung von Shakespeares Komödie „Die lustigen Weiber von Windsor“. Mit Barbara Aschenwald haben Sie den Text ins Tirolerische übertragen. Dreht sich der ehrwürdige Brite da nicht im Grabe um?

Markus Völlenklee: Im Gegenteil. Hier handelt es sich nämlich um Shakespeares einziges Stück, in dem er die Londoner Alltagssprache seiner Zeit zum Einsatz bringt – was dazu geführt hat, dass das Stück im deutschsprachigen Raum kaum aufgeführt wurde. Weil es sehr schwierig ist, die Wortwitze ins Heutige zu übertragen. Ich glaub‘, dass ich einen gewissen Riecher für diesen Schmäh habe und bin überzeugt, dass die Telfer Dialektfassung Shakespeare gerecht wird. Unser Sprachbabylon, das dazu in der Provinz angesiedelt ist, bringt dieses Spiel um die betrogenen Betrüger zum Tanzen.

Wie oft waren Sie geneigt, den Text ins Eck zu werfen?

Völlenklee: Schweißausbrüche hatte ich schon so einige. Weil es oft schwierig war, eine passende Übersetzung zu finden, die nicht zum blöden Modernismus verkommt.

Die Volksschauspiele rufen das „Jahr der Narren“ aus. Wie ist das zu verstehen?

Völlenklee: Wir Narren, die wir mit der Wirklichkeit spielen, haben nun einen Monat lang in Telfs die Macht. Und dieses Spielen mit der Wirklichkeit trifft extrem auf das heurige Programm zu – in allen Stücken wird an der Realität gedreht und es ist nie ganz klar, was tatsächlich wahr ist. Abgesehen davon braucht das Theater die Fantasie des Zuschauers. Oder anders gesagt: Nur wenn sich der Zuschauer der Täuschung stellt, funktioniert das Theater.

Narrisch schlecht war zuletzt das Wetter – ein Umstand, der wohl auch dazu geführt hat, dass es heuer keine einzige Outdoor-Produktion gibt. Bleibt Telfs künftig ein überdachtes Festival?

Völlenklee: Nein. Aber es hätte heuer keinen Sinn gemacht, ein so sprachlastiges Stück wie die „Die windigen Weiber von Winzor“ im Freien aufzuführen. Wenn da der Wind über die Bühne pfeift, versteht man niemanden mehr. Aber wenn‘s Sinn macht, dann wird‘s auch wieder eine Freiluft-Inszenierung geben. „Alpenkönig und Menschenfeind“ hätt‘ ich zum Beispiel nie im Rathaussaal spielen wollen. Das hätte einfach nicht gepasst. Abgesehen davon muss das Risiko aber überschaubar bleiben: Draußen kostet‘s mehr und das Geld wird leider nicht mehr, sondern weniger. Die Gefahr, dass einem der Regen die Einnahmen vermiest, ist groß. Aber man fährt ja nicht nach Telfs, um sich dann nur in einen – Verzeihung – miesen Gemeindesaal hineinzusetzen.

Felix Mitterer feiert im Kafka-Monolog „Bericht für eine Akademie“ nach 29 Jahren sein Bühnen-Comeback. Wie nervös ist der Volksdichter dieser Tage?

Völlenklee: Felix ist total gut drauf. Er hat einen unglaublichen Spaß am Probieren, ist gleichzeitig aber auch etwas überfordert, weil er im Stück ja acht Lieder zu singen hat. Aber das Gnadenvolle ist, dass Felix in seiner Funktion als Autor die Witzigkeit und Schärfe dieses Textes fantastisch rüberbringt. Er spielt das mit so einer Leichtigkeit – Felix ist ein großer Komödiant.

Als dritte Produktion steht die Uraufführung von Georg Ringsgwandls Stubenoper „Der varreckte Hof“ auf dem Spielplan. Ist das die erste Oper, die in Telfs über die Bühne geht?

Völlenklee: Es gab von Otto Grünmandl und Georg Kreisler einmal ein Musiktheater namens „Tirili“. Nicht zu vergessen „Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter“ mit der Musik vom unvergessenen Werner Pirchner. Aber eine Stubenoper gab‘s noch nie – in Zeiten der Krise muss eben auch die Oper auf ein reduzierbares Maß minimiert werden. Und deshalb kommt sie bei uns eben nun mit zwei Instrumenten, fünf Leuten und einer Stube aus.

Das Rahmenprogramm setzt sich heuer größtenteils aus Gastproduktionen zusammen. Mangelte es an Geld oder an Ideen?

Völlenklee: Heuer wollten wir im Rahmenprogramm die Verbindung zu den unterschiedlichen Laiengruppen hervorheben – die Volksschauspiele verstehen sich auch als Plattform, als Link. Dass man ausgesuchte Stücke zeigt, passt heuer einfach gut ins Konzept.

Markus Plattner ist nun doch nicht in den Vorstand der Volksschauspiele gerückt. Laut Felix Mitterer war ihm das „Kollektiv zu viel“. Was passte nicht?

Völlenklee: Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht so wirklich. Er fühlte sich mit seinen Ideen wohl zu wenig vertreten. Klar ist, dass die Meinungsfindung bei einer Gruppe von sieben, acht Leuten nicht so einfach ist. Vielleicht war er es auch einfach nicht gewohnt, auf so eine Weise über Spielpläne zu sprechen. Er funktioniert mehr aus dem Bauch heraus.

Und wie kommen Sie mit dem Kollektiv zurande?

Völlenklee: Man gewöhnt sich daran. Und natürlich sind wir nicht immer einer Meinung. Wir haben trotzdem schon viele Dinge riskiert, auch welche, die schiefgegangen sind – aber das muss auch möglich sein. Nur darf uns das Risiko nicht das Genick brechen.

Das Gespräch führte Christiane Fasching