Erste Auslandsreise

Mitt Romney zu Gast bei Freunden

Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner richtet seinen Wahlkampf stark auf wirtschaftliche Themen aus. Um auch internationale Statur zu beweisen, reist Romney am Donnerstag zu den US-Verbündeten Israel, Großbritannien und Polen.

Washington – Als Barack Obama vor vier Jahren in Berlin auftrat, glich die Stimmung einem Rockkonzert. Etwa 200.000 Menschen jubelten dem Präsidentschaftsaspiranten der US-Demokraten damals an der Siegessäule zu. Mitt Romney, designierter Kandidat der Republikaner im aktuellen Wahlkampf, versetzt andere Teile der Welt weniger in Euphorie. Bei seiner ersten Auslandsreise als Obama-Herausforderer darf er ab Donnerstag dennoch mit einem freundlichen Empfang bei drei unerschütterlichen Verbündeten der USA rechnen: Großbritannien, Israel und Polen.

Sechs Tage lang wird Romney internationale Statur beweisen und die Hände von Staatenlenkern schütteln können. Jubelbilder wie bei Obamas Auftritten im Sommer 2008 seien verzichtbar, urteilte die „New York Times“. Viel wichtiger sei, dass Romney die Reise dazu nutze, einen überzeugenden außenpolitischen Standpunkt zurück in die Heimat zu kommunizieren, mit dem er sich von dem Präsidenten unterscheide.

In Großbritannien will Romney zum Auftakt unter anderem Premierminister David Cameron sowie Ex-Premier Tony Blair treffen, den die US-Konservativen wegen seiner Loyalität bei der Irak-Invasion in guter Erinnerung behalten haben. Am Freitag plant der Präsidentschaftsbewerber die Teilnahme an der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in London - zugleich eine Möglichkeit für Romney, sein erfolgreiches Management der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City zurück ins Gedächtnis zu rufen.

Mit einem Spenden-Dinner bei Ex-Barkleys-Chef Bob Diamond, für das die Teilnehmer pro Kopf zwischen 20.000 und 60.000 Euro bezahlen, soll die ohnehin bereits prall gefüllte Wahlkampfkasse noch ein wenig aufgestockt werden.

Treffen mit Regierungschef der Palästinenser

In Israel sind am Sonntag Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Präsident Shimon Peres vorgesehen, auch ein Treffen Romneys mit dem palästinensischen Regierungschef Salam Fayyad steht auf dem Programm. Für den Republikaner bietet diese Station wohl die beste Möglichkeit, sich von Obama abzugrenzen. Romney präsentierte sich im Wahlkampf eisern an der Seite Israels und verlangte eine härtere Gangart im Atomstreit mit dem Iran. Als Obama die Grenzen von 1967 als Grundlage für Friedensverhandlungen mit den Palästinensern nannte, warf Romney ihm vor, Israel „unter den Bus geworfen“ zu haben.

Am Montag und Dienstag will Romney in Polen Ministerpräsident Donald Tusk und Präsident Bronislaw Komorowski treffen. Zu den Gesprächspartnern gehört auch der historische Anführer der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und spätere polnische Präsident Lech Walesa. Walesa ist eine Ikone des polnischen Kampfes gegen die sowjetische Vorherrschaft. Ein Treffen am Geburtsort der Solidarnosc in Danzig hätte für Romney, der Russland als großen geopolitischen Gegenspieler der USA bezeichnet und Obamas Kompromissbereitschaft gegenüber Moskau beim NATO-Raketenabwehrsystem angeprangert hat, besondere Symbolkraft.

Außerdem kündigte der Präsidentschaftsaspirant an, in Polen „historische Stätten“ besuchen zu wollen. Sein Wahlkampfteam ließ zunächst offen, ob damit Mahnmale des Völkermordes der Nationalsozialisten an den Juden wie etwa das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz gemeint seien.

„Lernen und zuhören“

Romneys Berater Lanhee Chen sagte im Vorfeld der Reise, der Republikaner werde vor allem „lernen und zuhören“. Große außenpolitische Reden wolle der Präsidentschaftsbewerber auf dem Trip nicht halten. Das erledigte Romney am Dienstag, als er vor Armeeveteranen von einem neuen „amerikanischen Jahrhundert“ schwärmte. Unter Obama habe die US-Führungsrolle in der Welt gelitten, sagte er. „Unser Einfluss wird jetzt so sehr gebraucht wie bisher.“

Romney, der seinen Wahlkampf stark auf wirtschaftliche Themen ausrichtet, muss in der Außenpolitik noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Eine Umfrage des Nachrichtensenders CNN zeigte kürzlich, dass 53 Prozent in diesem Feld Obama für die bessere Wahl halten. Romney kam nur auf 41 Prozent. (AFP/tt.com)