Träume und Ideen für Kinder

Was brauchen Kinder in ihren Räumen, um optimal spielen und leben zu können – eine Frage, der sich nur wenige Erwachsene wirklich stellen (können) und die deshalb gerne unbeantwortet bleibt.

Von Ursula Philadelphy

Innsbruck –Kinder haben, so wie alte Menschen, sehr eigene Bedürfnisse, denen aber nur selten Rechnung getragen wird. Es ist nämlich im wahrsten Sinne des Wortes auch ein finanzielles Problem. Allerdings nicht nur, denn einige Punkte lassen sich durchaus fast immer und überall kindgerecht abhandeln. Das Innsbrucker Architektenteam Radek Hala und Christine Renzler hat sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Renzler hat sich sogar im Rahmen ihrer Diplomarbeit damit auseinandergesetzt.

Die beiden haben ihre Erkenntnisse und Ideen zudem nicht nur in der Theorie entwickelt, sondern auch schon mehrfach in die Praxis umgesetzt, „wobei manchmal die eigenen Kinder als Versuchsobjekte herhalten“ mussten, wie Renzler feststellte. Für sie „fungiert der Raum als dritter Pädagoge“, am Architekten liegt es aber, das umzusetzen, was Kinder noch nicht verbalisieren können. „Wichtig ist also, dass man die Problematiken erkennt“, so Renzler. Dann heißt es aber, sich mit viel Idealismus in die Knochenarbeit zu stürzen. Hala und Renzler haben ihr erstes Projekt für „Luftabon“ umgesetzt, eine Kinderkrippe studierender Eltern an der Uni Innsbruck.

„Man fängt als Idealist in der Kinderkrippe der eigenen Kinder an und ergründet, was wichtig ist, entwickelt aus den Träumen funktionierende Ideen. Dann kommt allerdings die finanzielle Frage und man muss Klinken putzen und die eigene Arbeitskraft einsetzen“, erinnern sich die beiden Architekten. Das Ergebnis kann sich allerdings sehen lassen und ist von der prinzipiellen Fragestellung her überall anwendbar.

Der Raum wurde in verschiedene Bereiche geteilt. Ein Podest trennt den Küchenbereich „mit etwas niederer Arbeitsplatte“ vom Wickeltisch, die Kinder können aus leicht erhöhter Position alles beobachten und erreichen von diesem Podest aus „die Rutsche, die in den Bewegungsraum führt“.

Der Bewegungsraum bietet die ultimative Freiheit zum Herumlaufen, „alle Spielsachen kann man in Netze geben und hochziehen“, so Hala. Er hat auch bei den Schränken ohne Griffe gearbeitet, man kann sie nur über erhöhte Einbuchtungen öffnen und muss vor allem zuerst den oberen Teil aufmachen, um zum Mechanismus für den unteren Teil zu kommen. Einfache Kindersicherheit ohne Gummischutz und Abdeckungen. Im „Tanzzimmer“ wurden sogar die Wände gepolstert.

Bewegungsmöglichkeiten allein genügen aber nicht, „Kinder brauchen auch Rückzugsmöglichkeiten. Wer kennt nicht von den eigenen Kindern die Höhle unterm Hochbett, das Hexenhaus hinter der Türe und den Drang der Kleinen, sich an ihre Körpergröße angepasste Nischen zu schaffen.“

Radek Hala und Christine Renzler haben diese Nischen auch für „Luftabon“ entwickelt. In verschiedenen Größen – „wo man alleine, zu zweit oder auch eine Betreuerin mit ein oder zwei Kindern zurückgezogen agieren kann“. Ein Kontrapunkt dazu ist die Ecke, in der die ganze Gruppe Platz hat „und in der es auch eine Puppenküche gibt“, so Renzler. Für sie ist es quasi eine „Architektur der langen Weile“, wenn man für Kinder plant, und sie sieht auch die niedriger gehaltenen Bereiche, bei denen sich Erwachsene etwas bücken müssen, als ein „Sich-vor-den-Kindern-Verneigen“.

Neben den Aspekten Bewegungsraum und Rückzugsbereich ist auch das Farbkonzept für einen Kinderraum wichtig. „Es kommt auf den Raum an und was man mit ihm ausdrücken will, ob der Raum etwa in den Hintergrund gerückt werden soll“, meint Hala, der andererseits aber auch zum vorsichtigen Farbeinsatz mahnt. „Man muss reduziert mit den Farben arbeiten, denn auch ein neutraler Raum ist wichtig, ein Zuviel an Farben kann auch Kinder überfordern.“ Deshalb gibt es bei „Luftabon“ graue Arbeitsflächen und weiße Kästen, die innen bunt sind: oben lachsrosa und unten türkis. Ablenkung bietet das quietschgrüne Grasmuster im oberen Bereich des Tanzzimmers, „das hat was Urwaldartiges“, so Renzler. Grünes Gras findet sich auch im Kinderbereich des Hotels Stern in Obsteig, den ebenfalls Hala und Renzler gestaltet haben. Hier ist es allerdings quasi ein Zitat des Außenbereiches, wo unter anderem weite Lärchenwiesen locken. Im Inneren gibt es dafür Spielecken, Sitzgruppen und ein Reich mit riesigen bunten Würfeln zum Bauen – die Farbigkeit ist gegeben, aber dezent und ein gutes Beispiel, wie man es in jedem privaten Kinderzimmer auch umsetzen kann.