Rotes Kreuz Österreich fordert faire Leistungsabgeltung
Tauziehen um Mehrkosten bei Rettung: Liste Fritz droht jetzt sogar mit Misstrauensantrag gegen Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg.
Von Peter Nindler
Innsbruck –3,6 Millionen im Vorjahr, sechs Millionen 2012: Nach der vom Land durchgeführten Wirtschaftsprüfung liegen die Mehrkosten für das neue Rettungswesen seit Juni auf dem Tisch. Wie viel davon bezahlt wird, darüber verhandeln derzeit die Rettungsdienst GmbH als Nachfolgegesellschaft der Bietergemeinschaft und das Land.
Die Stimmung ist auf mehreren Ebenen angespannt, auch im Roten Kreuz gibt es verschiedene Strömungen. Die Bezirksorganisationen wollen für das Minus nicht haften, bei der Generalversammlung wurde sogar über eine Insolvenz debattiert.
Das Land möchte laut Rotem Kreuz offenbar nur ab heuer Anpassungen vornehmen, 5,5 Mio. Euro fordert das Rettungsbündnis, eine Million will es selbst durch Einsparungen in der Verwaltung aufbringen. Zuletzt ging es sogar um die Frage, wer eigentlich Ansprechpartner ist: die einstige Bietergemeinschaft oder die Rettungsgesellschaft. Zudem stehen die geplanten Leistungsanpassungen unter Beobachtung des dänischen Rettungskonzerns Falck, der 2010 bei der Ausschreibung der Bietergemeinschaft unterlegen war und bereits offen über eine Klage spricht.
Politisch erhöhte die Liste Fritz gestern den Druck: „Wir haben das Vertrauen in ÖVP-Landesrat Tilg verloren. Er hat die europaweite Ausschreibung vom Zaun gebrochen“, kritisiert Klubchef LA Bernhard Ernst. Die Liste Fritz will nicht nur einen Sonderlandtag mittragen, sondern auch einen Misstrauensantrag gegen Tilg einbringen sowie eine unabhängige Evaluierung des Rettungswesens einfordern, sollte es keine Lösung geben. Es benötige einen rechtlich einwandfreien Vertrag, damit keine Neuausschreibung drohe, verlangt Liste-Fritz-Chef LA Fritz Dinkhauser. Er wirft den Rettungsspitzen vor, dass sie sich vom Land über den Tisch ziehen hätten lassen. „Jeder hat gewusst, dass die Leistungen um 27,5 Mio. Euro nicht erbringbar sind.“
Für ÖVP-Klubchef LA Josef Geisler vermischt Dinkhauser Halbwahrheiten mit unvollständigen Informationen. Es werde eine Lösung geben, „aber einen Freibrief, einfach alles zu bezahlen, kann das Land nicht ausstellen. Es wird unter Beiziehung von Fachleuten geklärt, welche Forderungen berechtigt sind.“
Der Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, geht davon aus, dass das Land Tirol eine faire Leistungsabgeltung für den qualitätsvollen Rettungsdienst vornimmt. „Dann ist das Thema Insolvenz keines mehr.“ Er geht davon aus, dass die Zusatzkosten aufgrund von Mehrleistungen außer Streit stehen würden. Skeptisch beurteilt Kerschbaum die seinerzeitige EU-weite Ausschreibung des Tiroler Rettungswesens. „Für die Daseinsvorsorge, und das ist der Rettungsdienst, benötigt es dieses Instrument nicht.“