Prognose

IHS erwartet BIP-Plus von 1,7 Prozent

Bei ihrer Prognose gehen die IHS-Ökonomen von der Annahme aus, dass die Banken- und Schuldenkrise im Euroraum bewältigt werden kann.

Wien - Österreichs Wirtschaft wird nach Ansicht des Institut für Höhere Studien (IHS) im Zeitraum 2012 bis 2016 um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr wachsen. Für seine mittelfristige Vorausschau hat das IHS seine Juni-Prognose für die Jahre 2012 (0,8 Prozent BIP-Plus) und 2013 (+1,7 Prozent) übernommen und geht für den restlichen Prognosezeitraum von einem durchschnittlichen Wachstum von 2 Prozent aus. Damit werde Österreichs Wirtschaftsleistung auch in den nächsten Jahren deutlich schneller zulegen als im Euroraum (1,1 Prozent), sagte IHS-Chef Christian Keuschnigg heute (Donnerstag) bei einem Pressegespräch in Wien.

Arbeitslosigkeit bleibt gleich

Bei ihrer Prognose gehen die IHS-Ökonomen von der Annahme aus, dass die Banken- und Schuldenkrise im Euroraum bewältigt werden kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland die Eurozone verlässt, schätzt Keuschnigg mit „Fifty-fifty“ ein. Die Arbeitslosigkeit in Österreich wird nach Ansicht des IHS auf dem Niveau von 2012 stagnieren, die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition werde 2016 bei 6,7 Prozent liegen, so die Erwartung. Nach Eurostat-Definition wäre das ein Wert von 4,2 Prozent.

Die Teuerung wird für den Prognosezeitraum mit durchschnittlich 1,9 Prozent angenommen, falls internationale Preisschocks ausbleiben. Das Budgetziel der Regierung, im Jahr 2016 einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erreichen, könne mit der nötigen Budgetdisziplin und eventuell erforderlichen Nachbesserungen umgesetzt werden.

Das IHS ist bei seiner Konjunkturprognose bis 2016 davon ausgegangen, dass es zu keinen Austritten aus der Eurozone oder einem Zerfall der Eurozone kommt, erklärte der Leiter der Prognosegruppe, Helmut Hofer, „dann würde unsere Prognose anders aussehen“.

Für das internationale Umfeld erwartet das IHS, dass im Zeitraum bis 2016 die Industrieländer (OECD) durchschnittlich um 2,1 Prozent wachsen werden, „die Schwellenländer wachsen natürlich weiterhin deutlich schneller“, so Hofer. Chinas Wirtschaftsleistung soll um durchschnittlich 8,5 Prozent pro Jahr zunehmen, jene der USA um 2,4 Prozent. Im Euroraum werde das Wachstum weiterhin schwach bleiben. „Wir erwarten für den Euroraum nur ein durchschnittliches Wachstum von 1,1 Prozent, für die EU-27-Länder 1,3 Prozent.“ Die neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa sollen um 2,7 Prozent wachsen und damit gegenüber dem „alten“ EU-Ländern weiter aufholen.

„Wir unterstellen auch, dass ab 2014 die Wachstumsdifferenzen innerhalb des Euroraums kleiner werden“, sagte Hofer. „Deutschland wird etwas langsamer wachsen, hauptsächlich wegen der demographischen Entwicklung, während sich Südeuropa wieder etwas erholen sollte.“

Konsum weiterhin Stütze der Konjunktur

Der Private Konsum werde weiterhin seine traditionelle Rolle als Stütze der Konjunktur erfüllen und im Durchschnitt um 1,1 Prozent wachsen, sagte Hofer. „Das entspricht etwa der Entwicklung der Haushaltseinkommen. Nur am Endes des Prognosezeitraums gehen wir davon aus, dass die Sparquote, die jetzt auf einem sehr niedrigen Niveau ist, wieder etwas erhöht wird.“ Sie werde voraussichtlich von 7,4 auf 8,4 Prozent steigen.

Die Bruttoanlageinvestitionen sollen im Durchschnitt um 2 Prozent wachsen. „Die Bauinvestitionen werden aber durch die Probleme der öffentlichen Hand weiter gedrückt werden, vom öffentlichen Bau wird nicht allzu viel kommen.“ Der Export wird laut IHS auch künftig der treibende Wachstumsmotor sein. Das Exportwachstum soll sich wieder auf 5 Prozent erhöhen, die Warenexporte auf 5,7. Gleichzeitige werde ein schwächerer Euro - das IHS geht von einem Wechselkurs von 1,25 Dollar pro Euro aus - die österreichischen Exporte unterstützen. Die Importe sollen auch anziehen, aber das Wachstum der Einfuhren soll um einen halben Prozentpunkt geringer sein als bei den Exporten.

Am Arbeitsmarkt wird nach Ansicht des IHS die Beschäftigung um 0,8 Prozent pro Jahr steigen, aber auch das Arbeitsangebot wird zunehmen. Frauen werden stärker auf den Arbeitsmarkt gehen, ältere Menschen etwas länger arbeiten und es werde auch weiterhin einen Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland geben. Die Arbeitslosenquote soll im Durchschnitt 6,9 Prozent (nach nationaler Definition) betragen und könnte bis zum Ende des Prognosezeitraums auf 6,7 Prozent zurückgehen, glaubt Hofer.

Grundsätzlich sei nicht jede Volkswirtschaft gleich stark von Konjunkturschwankungen betroffen, erklärte IHS-Chef Christian Keuschnigg. Laut einer OECD-Studie erhöhe sich z.B. in Japan die Arbeitslosigkeit durch einen BIP-Rückgang um 1 Prozent nur um 0,15 Prozent, aber in Spanien aber um 0,6 Prozent. Generell sei es besser für Arbeitnehmer, auf etwas Lohn zu verzichten statt Arbeitslosigkeit zu akzeptieren, so Keuschnigg. Ein zentrales Problem in Europa sei, dass in vielen Ländern die Lohnbildung von der Produktivitätsentwicklung entkoppelt worden sei. In Deutschland sei das Problem hingegen, dass dort dort enorme Leistungsbilanzüberschüsse erzielt würden. „Jetzt kann man natürlich fragen, ob es für ein Land richtig ist, so hohe Überschüsse dauerhaft anzuhäufen, ohne sie zu konsumieren.“ Wenn es den Euro nicht gäbe, wären Deutschland und Österreich Länder, die aufwerten würden, „die würden einfach ihren Wohlstandsgewinn durch Aufwertung auch realisieren“, erklärte der IHS-Leiter, sie würden im Vergleich zu anderen Ländern reicher.

Während also Deutschland einen gewissen Spielraum für Lohnerhöhungen habe, sieht Keuschnigg für weniger produktive Länder nur den Weg in die andere Richtung. „Unternehmen können nicht, salopp gesprochen, einen Volkswagen zum Preis eines Mercedes verkaufen.“ Weitere Kreditvergaben an solche Länder dürfe es nur bei einer strengen Bindung an Reformen geben. „Das ist im Prinzip das Modell des Internationalen Währungsfonds.“ (APA)