Eine Show mit Augenzwinkern

Im Rahmen der heutigen Eröffnungsfeier (21.15 Uhr, live ORF eins) nehmen sich die Briten vor einer Milliarde TV-Zuseher ein Stück weit selbst auf die Schippe. Der größte Feind der Geheimniskrämer: Social Media.

Von Florian Madl

London –„Es wäre das Allergrößte für mich!“, bittet eine Passantin um ein Ticket für die Eröffnungsfeier. Adressat­: ein Tiroler Journalist, aufgrund seiner Akkreditierung unübersehbar im Londoner Tagesgeschehen. Möglicherweise hat er noch eine der vergriffenen 80.000 Karten für die feierliche Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele­ im Stadion zu Stratford. Er hat keine, denn das rare Gut ist für gewöhnlich­ nur Delegationsleitern vorbehalten­, und diese verteilen die Karten­ nach bestem Wissen­ und Gewissen­.

Um die heutige Eröffnungsfeier (21.15 Uhr, ORF eins) ranken sich Mythen, seit London die Olympischen Spiele zugesprochen bekam. Und die Diskussionen darüber­ gipfeln in der Frage, wer denn nun das Feuer entzünden dürfe. Eine Umfrage in der Daily Mail bescheinigt Victoria Beckham die Legitimation, andere nennen in Erinnerung an Englands Rose Diana deren Söhne William und Harry. Und Anhänger der Royals nennen die Queen, einen­ anderen Fußballer oder gar einen (nichtolympischen) Cricketspieler.

Die Organisatoren tun dieser­ Tage alles, um das Geheimnis zu bewahren: ein schier unmögliches Unterfangen in Zeiten von Social Media, zumal zumindest 30.000 Mitarbeiter oder Akteure die Details kennen. Der oscargekrönte Filmemacher Danny Boyle („Trainspotting“) selbst rief die Masse dazu auf, Details der 40-Millionen-Euro-Veranstaltung für sich zu behalten. Nicht jeder hielt sich daran. Es soll, so berichtet ein Maulwurf, ein Spektakel mit einem Touch britischen Humors­ werden.

Um dem Informationsanschlag etwas entgegenzuhalten, riefen die Veranstalter den Twitter-Account #savethesurprise­ ins Leben. 10.000 freiwillige Darsteller mussten gar einen Vertrag unterzeichnen, nichts von der Dreistundenaufführung preiszugeben.

„Es wird emotional, britisch, humorvoll. Und es wird selbst für die Kritiker eine Überraschung“, erzählte eine Mitarbeiterin der Tanz-Company. Und damit will man sich endlich der Kritik entledigen, dass man in Zeiten einer landes­weiten Arbeitslosigkeit von 8,1 Prozent das Geld zum Fenster hinauswerfe.

Peking (2008) missbrauchte­ die Eröffnungsfeier seinerzeit in der Selbstdarstellung­ als Super­macht. Und Athen (2004) wies auf seine glorreiche­ Vergangenheit hin, von Krise wusste damals noch keiner etwas.

Die Londoner Zeremonie nennt sich „Isles of Wonder – Inseln der Wunder“, ein von William Shakespeare inspiriertes Thema, das vom Läuten einer Glocke eingeleitet wird. Queen Elizabeth wird die Spiele vor mehr als 100 führenden Ländervertretern­ eröffnen, darunter auch Amerikas­ First Lady Michelle Obama.

England soll sich in der Show wiederfinden, schließlich bildet­ eine idyllische ländliche Umgebung aus Schafen, Pferden, Kühen, Ziegen, Hühner, Gänsen und Hunden die Kulisse – sehr zum Verdruss von Tierschützern. Mit Mary­ Poppins, James Bond und Harry Potter sollen Filmfreunde auf ihre Rechnung kommen, allerdings auch Wettfreunde: Ruderer Steve Redgrave, der erfolgreichste Olympia-Sportler des Landes (5 Goldmedaillen), wird nach ihrem Dafürhalten das große olympische Feuer entzünden. Mehr Geld verdienen jene, die auf einen Flitzer im Stadion­ setzen. Und kein Geld jene, die auf eine­ Einlage von Ex-Beatle Paul McCartney­ tippen­: Der bestätigte das nämlich bereits selbst ...