Bundesparteien erwägen Neuwahlen in Kärnten zu erzwingen
Die Causa Birnbacher schlägt weiterhin hohe Wellen - nicht nur in Kärnten. Weil sich die unter Druck geratene FPK vehement gegen Neuwahlen wehrt, wird nun sogar über einen Notfallplan diskutiert.
Wien - Nach den Geständnissen im Birnbacher-Prozess rund um ein Millionenkomplott zu verdeckter Parteienfinanzierung drängen SPÖ, ÖVP und Grüne auf Neuwahlen in Kärnten. Ohne die Zustimmung der FPK ist eine vorzeitige Selbstauflösung des Kärntner Landtages allerdings nicht möglich. Und bisher lehnen die Blauen dies kategorisch ab. „Neuwahlen lösen keine Probleme“, bekräftigte am Donnerstag Landeshauptmann Gerhard Dörfler die Position des FPK.
Mittlerweile wird aber auf Bundesebene eine zweite Variante ins Spiel gebracht. Artikel 100 der österreichischen Bundesverfassung gibt nämlich auch dem Bund die Möglichkeit, einen Landtag aufzulösen. Dafür ist ein Antrag der Bundesregierung nötig, also der rot-schwarzen Koalition. Dieser müsste vom Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden, wobei die Abgeordneten des betroffenen Landes - im konkreten Fall wären das vier Kärntner - an der Abstimmung nicht teilnehmen dürften. Diese Mehrheit (nötig wären 39 Stimmen) würde wohl auch gefunden. Denn ohne die Kärntner hat die SPÖ 26, die ÖVP 21 und die Grünen drei Bundesrats-Mandate. Im Anschluss an einen solchen Bundesratsbeschluss würde der Bundespräsident den Landtag auflösen. Dann müsste die Landesregierung die Neuwahl binnen drei Wochen ausschreiben
Kräuter für Antrag der Bundesregierung
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist dafür, dass die Bundesregierung beim Bundespräsidenten einen solchen Antrag auf Auflösung des Kärntner Landtags einbringt. „Der Weg über den Landtag ist verbaut“, stellt Kräuter gegenüber standard.at fest. “Es braucht einen Neubeginn in Kärnten. Bei einem Land mit diesen Problemen wäre es erbärmlich, wenn es weiterhin so dahinvegetiert“, sagte SPÖ-Geschäftsführer Kräuter. Es wäre das erste Mal in der Republik, dass ein Landtag auf Antrag der Bundesregierung aufgelöst wird. „Das ist eine außergewöhnliche Situation“, meinte Kräuter weiter. Schließlich habe es auch nie zuvor einen derartigen „Korruptionssumpf“ in Österreich gegeben.
Mit Unterstützung könnte er dafür offenbar von der ÖVP rechnen. ÖVP-Vizeparteichef und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hatte bereits in der „ZiB2“ am Mittwoch eine solche Vorgangsweise nicht ausgeschlossen und betont, dass man jetzt „alle Konsequenzen diskutieren müsse“.
Ostermayer: „Ein Notfallparagraf“
Ob die Regierung diese Verfassungsbestimmung tatsächlich in Anspruch nimmt, ist aber unklar. So meinte SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer am Donnerstag auf APA-Anfrage, dass es sich bei dieser Bestimmung um einen Notfallparagrafen handle. Eine Handlungsunfähigkeit des Kärntner Landtages sei aber nicht gegeben. Diese Diskussion sei daher vordergründig von den politisch Verantwortlichen in Kärnten zu führen, so Ostermayer.
Auch die FPÖ warnte vor einem Schuss nach hinten. Die Kärntner hätten wohl keine Freude damit, wenn ihnen Neuwahlen von Wien aus verordneten werden würden, sagte FPÖ-Vizeparteichef Norbert Hofer. Den Parteifreunden in Kärnten richtete er aus, sie mögen „ihr Haus in Ordnung halten“. Denn die Bundes-FPÖ wolle sich das Werk, das man nach der BZÖ-Abspaltung mühsam erreichtet habe, „nicht anpatzen lassen“, so Hofer. Die Kooperation zwischen FPÖ und FPK sei dadurch aber nicht infrage gestellt, diese werde „unbeirrt“ fortgesetzt.
Strache für „volle Aufklärung“
Am Donnerstagnachmittag meldete sich auch FPÖ-Parteichef HC Strache, der derzeit auf Urlaub in Ibiza ist, erstmals in dieser Causa zu Wort und sprach sich für „volle Aufklärung“ aus. Sollten tatsächlich „heutige FPK-Politiker“ involviert sein, müsse es „entsprechende Konsequenzen“ geben, teilte er auf seiner Facebook-Seite am Donnerstag mit. Weiters lenkte er die Diskussion von den Freiheitlichen weg: Ob die ÖVP nicht doch Zuwendungen von mehr als 100.000 Euro erhalten hat, werde noch zu prüfen sein.
Hausdurchsuchung und zahlreiche Einvernahmen
Am Donnerstag haben eine Hausdurchsuchung und zahlreiche Einvernahmen in der Causa Birnbacher stattgefunden. Umfangreiches Material wurde sichergestellt, sagte Erich Mayer von der Korruptionsstaatsanwaltschaft in der ZiB 2. Gegenüber der APA fügte Mayer an, dass die Hausdurchsuchung in Kärnten stattgefunden haben.
Nachdem Donnerstagfrüh bekanntgeworden war, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft auch gegen FPK-Landesrat Harald Dobernig in der Causa Birnbacher Ermittlungen eingeleitet hatte, brodelte in Kärnten die Gerüchteküche. Es war von Hausdurchsuchungen in der Causa die Rede. Die Gerüchte konnten aber bis zuletzt nicht verifiziert werden.
(TT.com, APA, OTS, derstandard.at)