Frankreich

Entlassungswelle in Großkonzernen beschert Hollande Kopfzerbrechen

Die geplanten Kündigungen bei Peugeot, Alcatel und Air France machen dem Wachstumsprogramm des Präsidenten einen Strich durch die Rechnung.

Paris - Die neue sozialistische Regierung in Frankreich ist mit einer Welle von Entlassungsplänen konfrontiert, die einen heißen Herbst erwarten lassen. Der Autobauer PSA Peugeot Citroen kündigte 8000 Postenstreichungen und die Schließung der Fabrik von Aulnay-sous-Bois bei Paris an, der Telekom-Ausstatter Alcatel-Lucent will weltweit 5000 Posten streichen, ebenso die Fluggesellschaft Air France. De Pharmakonzern Sanofi kündigte am Donnerstag einen Sozialplan mit Postenstreichungen an, allerdings ohne ihn zu beziffern. Auch der Stahlkonzern ArcelorMittal schloss die Stilllegung weiterer Hochöfen in Frankreich und Europa nicht aus.

Präsident Francois Hollande (PS), der im Mai mit dem Schlagwort „Konjunkturaufschwung und Wachstum“ in den Elysée-Palast gewählt worden war, sieht sich mit großen Herausforderungen konfrontiert. Dies umso mehr, als Arbeitsminister Michel Sapin (PS) es am Donnerstag als sehr wahrscheinlich bezeichnete, dass die Arbeitslosenrate noch dieses Jahr die 10-Prozent-Schwelle erreichen werde. Mit 2,945 Millionen Beschäftigungslosen erreichte Frankreich im Juni das schlechteste Ergebnis seit 13 Jahren. Schließt man die Personen mit beschränkter Arbeitstätigkeit ein, so sind sogar 4,395 Millionen Bürger von der Beschäftigungskrise betroffen.

Hollande hatte den Entlassungsplan von Peugeot gleich nach dessen Ankündigung als „inakzeptabel“ kritisiert und einen Hilfsplan für die Autoindustrie angekündigt, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Die Autobauer sollen Beiträge dafür erhalten, dass sie ihre Produktionsstätten in Frankreich bewahren. Überdies soll der Bau von umweltfreundlichen Fahrzeugen unterstützt werden. Allerdings erntete Hollandes Plan selbst im linken Lager Kritik. Die kommunistische Tageszeitung „L‘Humanité“ ist der Ansicht, dass dieser „nicht auf der Höhe der sozialen Notlage“ sei. Die Rechtsopposition beanstandet, dass der Präsident die Frage der Konkurrenzfähigkeit und der Flexibilität des Arbeitsmarktes nicht aufgeworfen habe.

Proteststurm im Herbst droht

In der Tat ist die Bewegungsfreiheit der Regierung infolge der notwendigen Sparpolitik und der Krise in der Eurozone stark eingeschränkt. Sollte Hollande allerdings seine Machtlosigkeit angesichts der Krise einräumen, so würde er wohl unmittelbar die Unterstützung der Arbeiterklasse verlieren und bereits im Herbst mit einer massiven Protestwelle konfrontiert sein. „Der Herbst wird heiß werden, die Mobilisierung wird sehr stark sein“, betonte Pascal Rivière, ein Arbeitnehmervertreter in der von der Schließung bedrohten PSA-Fabrik von Aulnay. Bereits am 4. September drohen die Gewerkschaften mit einer Blockade der Produktion in Aulnay.

Das Rettbare zu retten, darum bemüht sich Industrieminister Arnaud Montebourg (PS). Er machte eine Europa-Tournee, um die Möglichkeiten von Sanktionen gegen den Stahlgiganten ArcelorMittal auszulotsen. Der Globalisierungsgegner warf am Mittwoch den Autobauern in Korea einen „unlauteren Wettbewerb“ vor. „Europa kann offen sein, aber darf nicht verschenkt werden“, betonte Montebourg gegenüber Journalisten und fügte hinzu: „Wir dürfen ein soziales und umweltpolitisches Dumping nicht akzeptieren.“ Außenminister Laurent Fabius (PS) intervenierte nach eigenen Angaben beim Militärausrüster Thales, damit dieses Unternehmen, in dem der französische Staat über eine relative Kapitalmehrheit verfügt, nicht abwandere. (APA)