Politiker in Österreich zwitschern wenig
Zwei Drittel aller Staats- und Regierungschefs der Welt haben einen Twitter-Account. Österreich hinkt noch nach.
Wien –140 Zeichen reichen bei Twitter, um eine Nachricht in die Welt zu schicken: Damit ist das soziale Internet-Netzwerk zu einem wichtigen Medium für Blogger, Meinungsmacher sowie normale Bürger geworden. Einer Studie zufolge ist Twitter inzwischen auch zu einer politischen Bühne geworden. Wie aus der in Genf vorgestellten Untersuchung „Twiplomacy“ hervorgeht, haben zwei Drittel aller Staats- und Regierungschefs der Welt auf der Plattform einen Account. Twitter biete Politikern Kontakt zu einem ständig wachsenden Publikum und den Bürgern einen direkten Draht zu ihnen, sagte Jeremy Galbraith vom Beratungsunternehmen Burson-Marsteller, das 264 offizielle und persönliche Accounts von Staats- und Regierungschefs aus 125 Ländern ausgewertet hat.
Österreichische Spitzenpolitiker sind auf Twitter eher spärlich vertreten. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) startete am Nationalfeiertag 2011 mit großem Pomp seinen Social-Media-Auftritt, zog sich nach einem Skandal rund um „gekaufte“ und falsche Facebook-Freunde im November jedoch wieder aus Twitter zurück. Auf Facebook ist er weiterhin als „Bundeskanzler Werner Faymann“ präsent. Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) ist zwar nicht persönlich auf Twitter vertreten, ein entsprechender Account für das Außenministerium (@Minoritenplatz8) existiert jedoch und hat knapp 2000 Follower. Auf Facebook ist Spindelegger nicht zu finden. Der beliebteste österreichische Spitzenpolitiker auf Facebook ist Bundespräsident Heinz Fischer. Sein Account, der von seinem Team betreut wird, hat über 22.000 Fans. Auf Twitter findet man Fischer hingegen nicht.
Der österreichische Politiker, der Twitter am aktivsten nutzt, ist BZÖ-Mandatar Stefan Petzner (@stefan_petzner). Mehr als 2900 Follower hat der orange Abgeordnete versammelt, neben Tweets (Nachrichten) aus dem Korruptions-Untersuchungsausschuss gibt es auch Privates zu lesen (so gestand er in einer Nachricht, „Schmetterlinge im Bauch“ zu haben).
Auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache (@HCStracheFP, knapp 1500 Follower) oder Grünen-Aufdecker Peter Pilz (@PeterPilzBlog, 4200 Follower) nutzen Twitter. Die Inhalte der Tweets von Strache und Pilz sind jedoch meist Links zu den jeweiligen Facebook-Seiten.
Ein Viertel der auf Twitter aktiven Staats- und Regierungschefs folgt der Studie zufolge dem Konto von US-Präsident Barack Obamas unter @BarackObama. Dieser liest jedoch nur die so genannten Tweets von Norwegens Regierungschef Jens Stoltenberg und dessen russischem Kollegen Dmitri Medwedew – steht also mit keinem weiteren Vertreter einer Staatsspitze über Twitter in Kontakt. Obamas Botschaften werden allerdings von insgesamt 17 Millionen Menschen weltweit gelesen – er ist damit der erfolgreichste Polit-Twitterer.
Am besten auf der politischen Twitter-Bühne vernetzt ist laut Untersuchung EU-Ratspräsident Herman von Rompuy (@euHvR): Er ist ein Follower von elf Staats- und Regierungschefs und liest damit deren Botschaften auf Twitter. Zahlreichen führenden Politikern scheint das jedoch zu viel zu sein: Der Account von Russlands Präsident Wladimir Putin (@PutinRF) zählt beispielsweise zu den Twitter-Konten von Staatsspitzen, die überhaupt niemandem folgen.
Die Studie zeigt zudem, dass viele Politiker in Wahlkampfzeiten in dem Netzwerk aktiv sind – nach ihrer Wahl aber ihren Account verwaisen lassen. Das gelte beispielsweise für den französischen Präsidenten François Hollande (@FHollande) und die brasilianische Staatschefin Dilma Rousseff (@DilmaBR). Beide haben sich seit ihrem Amtsantritt von ihren Followern „abgekehrt“, heißt es in der Studie. (APA, ritz)