Bremse für Radkennzeichen

Ein klares Nein zur in Wien diskutierten Einführung von Nummerntafeln für Fahrräder kommt aus Tirol. Der Aufwand sei viel größer als der Nutzen, sagen Verkehrsexperten.

Von Katharina Zierl

Innsbruck –Kennzeichen für Fahrräder? Die Schweiz wollte auf Nummer sicher gehen. Die verpflichtenden Kennzeichen setzten sich allerdings nicht durch. Anfang dieses Jahres wurde die Fahrradnummerntafel dort wieder abgeschafft. Dennoch: Der Vorschlag des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, über verpflichtende Nummerntafeln nachzudenken, wirbelt österreichweit Staub auf.

In Tirol schalten die Verantwortlichen in Sachen Radkennzeichen allerdings einen Gang herunter. „Auf Grund des immensen Verwaltungsaufwands wurde das in der Schweiz wieder abgeschafft. Die österreichische Situation ist nicht anders. Es stellt sich also schon die Frage, warum ein solches Modell bei uns besser funktionieren sollte“, erklärt Tirols Verkehrslandesrat Bernhard Tilg auf Anfrage der TT.

Eine Einführung der Kennzeichenpflicht in einzelnen Bundesländern lehne er ab, „sonst braucht man bei einer Radtour durch Österreich neun verschiedene Kennzeichen“, sagt Tilg. Gerade im sportbegeisterten Tirol gebe es in manchen Haushalten unter anderem Straßenfahrräder, Rennräder, Mountainbikes und Kinderräder, betont der Landesrat: „Da müsste dann für jedes Fahrrad eine Nummerntafel angeschafft werden, was auch eine finanzielle Belastung wäre.“

Die Ausgabe von Kennzeichen und die Kontrolle, ob alle Fahrräder eine Nummerntafel haben, würden zusätzlich enorme Kosten verursachen, sagt Tilg. Auch was die Diebstahlprävention betreffe, sei zweifelhaft, „ob das was bringen würde“, erklärt der Landesrat. „Wenn man bedenkt, dass selbst Autos trotz Kennzeichen gestohlen werden und Diebe bei Rädern viel leichteres Spiel haben, glaube ich nicht, dass eine solche Maßnahme viele Vorteile hat“, sagt Tilg.

Verkehrsexperten sind sich in Sachen verpflichtender Radkennzeichen einig. ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer etwa erklärt, dass es verschiedene Gründe gebe, warum dieses Modell nicht sinnvoll sei: „Das fängt schon bei der mangelnden Erkennbarkeit an. Es ist mehr als fraglich, ob ein Schadensopfer das Kennzeichen wirklich sieht – weil es aus Platzgründen beim Rad logischerweise nur sehr klein sein würde.“ Echte Rad-Rowdys, die es durchaus gebe, würden von Nummerntafeln nicht abgehalten, glaubt Hoffer.

„Außerdem wäre der bürokratische Aufwand wirklich gewaltig. Das ist in der Realität sehr schwer umzusetzen“, sagt der ÖAMTC-Jurist. Hoffer könne sich durchaus vorstellen, „Kennzeichen auf freiwilliger Basis anzubieten“. So könnten diverse Institutionen ihren Mitgliedern etwa zu Nummerntafeln raten. „Wer sich deklarieren und nicht anonym durch die Gegend fahren will, könnte das dann auch tun“, sagt Hoffer. Insgesamt sei der Aufwand im Falle einer verpflichtenden Kennzeichnung „auf jeden Fall größer als der Nutzen“, sagt der Verkehrsexperte.

Thomas Woitsch vom ­ARBÖ betont ebenfalls, dass eine verpflichtende Nummerntafel für Räder „unsinnig und mit hohen Kosten verbunden wäre“. Und für Fahrraddiebe stelle eine Nummerntafel auch keine große Hürde dar, sagt Woitsch: „Die ist schnell heruntergerissen. Das würde wohl kaum jemanden abschrecken.“

Armin Kaltenegger, Leiter der Rechtsabteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, erklärt, es sei wichtig, „dass Fahrradfahren unkompliziert und kostengünstig bleibt“. Anstatt einer Überregulierung sollte ein vernünftiges Miteinander aller Verkehrsteilnehmer angestrebt werden, sagt Kaltenegger. „Außerdem könnte die Anbringung einer Tafel für finanziell benachteiligte Personen eine Hürde darstellen“, betont der Verkehrsexperte.