Auf der Pirsch mit Pfeil und Bogen
„Alle ins Blatt“ lautet der Gruß der Bogenschützen, die sich auf dem Parcours des Flaurlinger Jagdbogensportvereins körperlich und seelisch fit halten und gesellig austauschen.
Von Sabine Schluifer
Flaurling –Am Forstweg neben der Salzstraße im Ortsteil Flaurling-Bahnhof parken Autos. Ein sicheres Indiz dafür, dass einige Männer und Frauen mit Pfeil und Bogen im angrenzenden Waldstück unterwegs sind. Es wird gejagt, und zwar nicht nur kleine Hasen oder Eichhörnchen, sondern richtig große und wilde Tiere wie Wölfe, Bären und Adler, die in der Outdooranlage des Flaurlinger Jagdbogenvereins in Form von Attrappen aufgestellt sind.
Vor 16 Jahren hat sich eine „Gruppe von Fanatikern zusammengerauft, um einen Bogenverein anzumelden“, erzählt der Obmann Martin Auer. „Dabei war der Anfang irrsinnig schwierig, weil die Leute Angst hatten, dass wir bewaffnet durch den Wald schleichen und unkontrolliert herumschießen würden“, erinnert er sich. „Drei Jahre nach Gründung hatten wir ein passendes Waldstück gefunden, das für die Jäger uninteressant und für uns und den Forst passend war.“
Der Verein startete 1999 mit zehn Mitgliedern, heute sind es bereits 130 und die Sorgen der Bevölkerung sind Vergangenheit. Es ist eine bunt gemischte Truppe, zwischen elf und 70 Jahren, die hier im Waldparcours das Naturerlebnis sucht. Das und das gesellige Beisammensein unter Gleichgesinnten sind die Hauptmotivation der Bogenschützen. Sie suchen die Ruhe, tanken im Freien auf und finden den Ausgleich zum beruflichen Stress. Silvia Heigl ist amtierende Tiroler Meisterin im „Bowhunter Recurve“, also in der ursprünglichsten Form des Jagdbogenschießens ohne Zielvorrichtung und Stabilisatoren. Sie bringt es so auf den Punkt: „Ich spanne am besten aus, wenn ich anspanne.“
Denn beim Bogenschießen sei sie gezwungen, auch gedanklich voll dabei zu sein, eins zu werden mit dem Pfeil, sagt sie und zieht mit der rechten Hand einen Pfeil aus dem Köcher. Sie spannt ihn unterhalb des Nockpunktes, der in der Mitte der Bogensehne markiert ist, ein, streckt den Bogenarm gerade nach vorn und behält dabei ihr Ziel im Auge. Der Zugarm zieht mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger die Sehne nach hinten. Nun bilden der Bogen und die Arme der Schützin ein „T“. Heigl „ankert“, indem sie die Hand des Zugarms an die Wange legt, um stabil zu bleiben. Den Blick hält sie auf das Ziel gerichtet und lässt schließlich die Sehne los. Mit einem Zischen surrt der Pfeil durch die Luft, um mit einem dumpfen Aufschlag in Fritz, dem Kunststoffbären, zu landen.
Diese sekundenschnelle, fließende Bewegung sieht sehr leicht aus und lässt nicht erahnen, wie viel Kraft und Technik darin liegen. Der Bogen ist unvermutet schwer und das Spannen der Sehne verlangt je nach Modell schon einiges an Muskelkraft. Neben Heigl kann der Verein weitere namhafte Schützen vorweisen, wie den amtierenden österreichischen Staatsmeister Manfred Thurnes.
Der Parcours in Flaurling ist sehr abwechslungsreich. Es müssen weite (50 Meter) und kurze Schüsse, steil nach oben oder unten, in Schluchten oder Teiche ausgeführt werden. Mit 90 Zielen ist die Flaurlinger Anlage tirolweit die mit den meisten Attrappen. Es kann ganzjährig dort geschossen werden und die gesamte Runde nimmt drei Stunden in Anspruch.
Die Outdooranlage ist sicher aufgebaut, denn hinter jedem Ziel befindet sich ein natürlicher (Hang) oder künstlicher (Netz) Pfeilfang. Nur Vereinsmitglieder, die den Parcours und die Regeln kennen, dürfen schießen. Vom finanziellen Aufwand her gesehen ist der Sport vergleichsweise attraktiv. Der Mitgliedsbeitrag in Flaurling liegt bei 50 Euro, die Einschreibgebühr bei 70 Euro. Für die Grundausrüstung sollte man mit 300 Euro rechnen und schon kann jeder auf Ötzis Spuren wandelnd seinem Jagdtrieb folgen.