Syrien

Heftige Kämpfe um Aleppo vorerst ohne klares Ergebnis

Tausende Soldaten sind im Einsatz, doch die Regimetruppen können den Rebellen in Aleppo kaum Terrain abtrotzen. Ihr Widerstand gegen die Übermacht ist beherzt. Damaskus sichert derweil seine Chemiewaffen.

Aleppo, Abu Dhabi, Moskau, Genf – Trotz heftiger Kämpfe ist die Offensive der syrischen Regierungstruppen gegen Aufständische in Aleppo am Sonntag nicht vorangekommen. „Unsere Positionen sind unverändert“, sagte der Rebellenkommandant Abu Omar al-Halebi der Deutschen Presse Agentur. Die Truppen von Präsident Bashar al-Assad hätten Raketenwerfer, Helikopter und Kampfjets eingesetzt. Ihre Angriffe konzentrierten sich auf den Zugang zum südwestlichen Randbezirk Salaheddin, einer Hochburg der aufständischen Freien Syrischen Armee (FSA). Ein entscheidender Vorstoß sei ihnen aber bisher nicht gelungen, sagte Al-Halebi.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana, die vom Regime kontrolliert wird, berichtet von der Tötung mehrerer Rebellenkämpfer in Aleppo und in anderen Städten. Ein entscheidendes Vorankommen meldeten aber auch die Regierungstruppen nicht: Die Jagd nach „Terroristen“ in den umkämpften Stadtvierteln werde fortgesetzt, hieß es.

Schwere Kämpfe seien am Sonntag auch am nördlichen Rand von Aleppo aufgeflammt, berichteten die Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London. Regimetruppen griffen die FSA-Stellungen in den Stadtteilen Bab al-Hadid, Al-Sahara and Al-Arkub an. Die Rebellen zerstörten nach eigenen Angaben mehrere Panzer. Bilder von den ausgebrannten Wracks tauchten im Internet auf. Von unabhängiger Seite ließ sich das wegen der Kriegssituation nicht bestätigen.

Regimetruppen setzten laut Rebellen Raketenwerfer und Jets ein

Die Regierungstruppen hatten am Vortag mit ihrer seit Tagen erwarteten Offensive in Aleppo begonnen. Unterstützt von Kampfjets, Hubschraubern und schwerer Artillerie waren Panzer und Soldaten gegen die FSA-Stellungen vorgerückt. Die FSA-Kämpfer schlugen die Attacken nach eigene Angaben zurück. Nach Darstellung der Menschenrechtsbeobachter wurden am Samstag in Aleppo 17 Zivilisten, 13 Aufständische und eine ungenannte Anzahl Regierungssoldaten getötet.

Der Vorsitzende des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC), Abdel Baset Seida, warnte unterdessen vor einem möglichen Massaker der Regimekräfte in Aleppo. „Die internationale Gemeinschaft wird die Verantwortung dafür tragen, wenn es passiert“, sagte der Exil-Politiker am späten Samstagabend auf einer Pressekonferenz in Abu Dhabi.

Regierung verstärkt Sicherung ihrer Chemiewaffendepots

Als Reaktion auf die andauernden Kämpfe hat die syrische Regierung die Sicherung ihrer Chemiewaffendepots verstärkt und Teile ihres Arsenals verlegt. Das geht nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ aus Erkenntnissen westlicher Geheimdienste hervor. Ein Teil der Chemiewaffen, darunter die Nervengifte VX und Sarin, sei von einem Militärflugplatz in der Nähe der Rebellenhochburg Homs in ein besser geschütztes Lager gebracht worden. Das Regime in Damaskus hatte zuletzt beteuert, seine Chemiewaffen nicht einsetzen zu wollen.

Irans Außenminister nannte Machtwechsel in Syrien eine „Illusion“

Die bedrängte syrische Führung sucht inzwischen Beistand im Iran. Assads Außenminister Walid al-Muallem hielt sich am Sonntag zu Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Ali-Akbar Salehi und Said Jalili vom Nationalen Sicherheitsrat in Teheran auf. Das berichtete die iranische Nachrichtenagentur Fars. Salehi hat die Idee eines Machtwechsels in Syrien als eine „Illusion“ bezeichnet. „Naiv und fälschlicherweise anzunehmen, dass es ein Machtvakuum in Syrien gibt und einfach eine andere Regierung an die Macht kommen kann, dass ist, so glaube ich, einfach nur ein Traum“.

Die syrische Regierung werde die „Verschwörung“ gegen sie besiegen, sagte Salehi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister al-Muallem. Dieser betonte, die Regierung werde die Rebellen in der umkämpften Stadt Aleppo zurückschlagen. Zugleich hob er hervor, das Regime von Präsident Bashar al-Assad fühle sich weiterhin dem Friedensplan von UNO-Vermittler Kofi Annan verpflichtet.

US-Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney warf dem Regime inzwischen am Sonntag „undenkbare Horrortaten gegen das eigene Volk“ vor. Bei einem Treffen mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres in Jerusalem sprach Romney sich dafür aus, einen „Weg zu Frieden in Syrien“ zu finden. Auch Peres äußerte Empörung über die große Brutalität des syrischen Regimes, das „auf seine eigenen Kinder schießt“. Es müsse alles für eine Beruhigung der Lage unternommen werden. Romney bekräftigte auch bei dem Treffen mit Peres, dass eine atomare Aufrüstung des Irans eine inakzeptable Bedrohung Israels und der ganzen Welt darstellten würde. (APA/dpa/AFP)