Der Wald ist stark im Vormarsch

Das Zukunftsforum Außerfern widmete sich der Landschaftsentwicklung. Eine tirolweite Studie arbeitete regionale Besonderheiten heraus: Im Bezirk Reutte wird inzwischen mehr Futter geerntet als benötigt.

Von Hans Nikolussi

Stanzach – „Landschaft ist kein Zufall. Landschaft ist gemacht – gemacht von den Kräften der Natur und gemacht vom Menschen auf seinem Weg durch die Zeit. So ist Landschaft immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft.“ Das ist ein Resümee, das eine Autorengruppe aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit über das Sein und Werden der Natur- und Kulturlandschaft in Nord-, Ost- und Südtirol zieht.

Im Rahmen des Zukunftsforums Außerfern, einer Veranstaltung der Regionalentwicklung Außerfern mit Naturpark Tiroler Lech, Universität Innsbruck und Europäischer Akademie Bozen, wurde das umfangreiche Projekt Freitagabend der Öffentlichkeit vorgestellt und mit der Bevölkerung diskutiert. Der Saal des Gemeindezentrums in Stanzach war bis auf den letzten Platz gefüllt, das Interesse an der von TT-Redakteur Helmut Mittermayr moderierten Diskussionsveranstaltung war groß. Schon im Foyer konnten sich die Besucher über die wissenschaftliche Arbeit auf Schautafeln detailliert informieren.

Entgegen des Trends in anderen Regionen hat laut Studie im Lechtal in den letzten Jahrzehnten trotz Bevölkerungsabnahme die Siedlungsfläche zugenommen. Fakt ist auch: Die bewirtschafteten Flächen oberhalb der Siedlungsräume kehren langsam aber sicher in ihren Urzustand zurück. Sie wachsen schlicht und einfach zu. Der Wald ist im Vormarsch, die Verbuschung kaum mehr aufzuhalten. Die Fläche von rund 8000 Fußballfeldern holt sich der Wald in Österreich pro Jahr zurück. Ein weiteres Detail, in dem sich das Lechtal von anderen Regionen eindeutig unterscheidet, ist die Futterbilanz. Lediglich im Außerfern wird auf Grund des immer geringeren Viehbestandes mehr Futter geerntet als verbraucht. Überall sonst müssen Futtermittel zugekauft werden. Es gibt nur noch einzelne Voll­erwerbsbauern und auch die Zahl der Nebenerwerbslandwirte nimmt ständig ab. Das kann nicht ohne Einfluss auf die Landschaft bleiben, die wiederum das Kapital für den Tourismus darstellt, war allen im Saal klar.

Eine umfangreiche Grundlage für künftige Strategien stellt die Untersuchung, die von Projektleiter Erich Tasser in einer mit Bildern untermauerten Einführung den Besuchern nahe gebracht und auf dem Podium von den Universitätsprofessoren Markus Schermer und Wolfgang Meixner untermauert wurde, dar. Was aber die Entscheidungsfindung vor Ort betrifft, wird es noch vieler Diskussionen in den verschiedensten Gremien bedürfen. Schon allein auf Grund der Stellung Naturpark Tiroler Lech wird die Richtung vorgegeben sein. Alle Vorzeichen deuten auf eine Region mit sanftem Tourismus mit einer intakten Kulturlandschaft. Die Landwirtschaft allein wird das allerdings nicht „stemmen“ können, war größtenteils die Meinung von Podium, Diskutanten und Zuhörern.

Interessantes Detail: Mehrere Tausend im Rahmen der Studie befragte Personen hatten die Verwaldung als durchaus nicht negativ gesehen.

Das sah auch Franz Kögl, der Bezirksobmann der Landwirtschaftskammer, auf dem Podium so. Er forderte aber auch den Respekt und die Wertschätzung für die Landwirte ein, die ja nach wie vor ihren unschätzbaren Teil an der Erhaltung der Kulturlandschaft beitrügen. Architekt und Ortsplaner Armin Walch, ebenfalls auf dem Podium, sprach sich für einfühlsames Vorgehen auf dem Widmungssektor aus. Einig war man sich, dass jeder Einzelne in der Region seinen Beitrag dazu leisten kann, in welche Richtung es gehen wird. Politik, Kommunen wie auch Land seien aber vor allem gefordert, mit der breiten Einbindung der Bevölkerung die Richtung vorzugeben.

Ein Allheilmittel wurde naturgemäß nicht gefunden. Die Gegensätzlichkeiten des großen Themas Landschaft im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Natur kamen auch bei der musikalischen Begleitung zum Ausdruck. Während Hannes Petz auf seiner Harmonika dem traditionellen alpenländischen Aspekt Rechnung trug, fand Andreas Kopeinig auf dem Keyboard den modernen Zugang. Dass es dabei zu gewollten Disharmonien kam, lag auf der Hand. Es gab jedoch auch musikalische Annäherungen, die als Beispiel für ein Miteinander aller für eine lebens- und liebenswerte heimatliche Landschaft in der Zukunft stehen könnten.