Tiroler Bauern begleiten ihr Korn in die Backstube
Der Bäcker Ruetz lud die Tiroler Bio-Bauern in die Backstube in Kematen ein, damit sie erleben, wie aus ihrem Getreide Bio-Brot gebacken wird.
Von Miriam Hotter
Kematen –Es duftet nach frisch gebackenem Brot und Mehl, die großen Öfen in der Backstube erzeugen eine trockene Wärme. Hier, in der Bäckerei Ruetz in Kematen, erleben 13 Bio-Bauern aus Tirol live mit, wie die Bäcker ihr Getreide zu Bio-Brot verarbeiten. Und nicht nur das: Sie „backen“ gleich mit an und formen Teig zu kleinen, runden Laiben.
„Es ist etwas ganz Besonderes, hier zu sein. Sonst beliefern wir die Bäckerei nur mit dem Getreide. Jetzt können wir einmal sehen, was danach passiert“, sagt Anna Perwög, eine von 13 Bio-Bauern, die sich zusammen mit der Marke „Bio vom Berg“ am Projekt beteiligen. Für sie ist Bio nicht einfach nur eine gesunde Ernährungsform, sondern eine Lebenseinstellung. „Ich bin von Bio-Produkten überzeugt und mir ist es wichtig, dass ich die Bedeutung von natürlichen Nahrungsmitteln auch meinen Kindern vermitteln kann“, erklärt sie.
Weg von Spritzmitteln und hin zu natürlichen Lebensmitteln – das wollen auch immer mehr Tiroler Konsumenten. „Jeder zehnte Kunde kauft Bio-Brot ein“, schätzt Christian Ruetz. Seit 2003 arbeitet er mit Bio-Bauern aus ganz Tirol zusammen, um die Regale mit Brot aus „Marcelo“, „Capo“ und „Ostro“ zu füllen. Hinter diesen Namen stecken die Getreidesorten Roggen, Weizen und Dinkel, die auf insgesamt 25 Hektar Anbaufläche gedeihen. Auch in stürmischen Jahren wie heuer.
„Wegen den großen Niederschlagsmengen war das Getreide in Gefahr“, weiß Ruetz. Dabei ist es aber wichtig, dass das Korn nicht zu feucht ist. Neben dem Quäntchen Glück kommt es auch auf den richtigen Zeitpunkt an, das Getreide zu dreschen. In einem Spitzenjahr können sich die Bauern über etwa 100 Tonnen Ertrag freuen. Heuer rechnet Ruetz mit knapp über 80 Tonnen Korn, die er und etwa 80 Bäcker zu Tiroler Bio-Roggenbrot (in Kastenform gebacken), Bio-Weizenbrot und Bio-Dinkelbrot, gepaart mit regionstypischen Gewürzen wie Kümmel, Fenchel und Koriander, verarbeiten.
Dass die Nachfrage nach Bio-Produkten groß ist, spürt auch Oswald Pixner, Bio-Bauer aus Silz. „So viel Brot können wir gar nicht herstellen“, meint er. Aufgrund begrenzter Getreidemengen sind die Bio-Brote derzeit nur von Oktober bis März erhältlich. Das Marketing macht sich diesen so genannten „Mon-Chéri-Effekt“ zu Nutze und so wird die Einführung der Brote jedes Jahr im September groß gefeiert.
Groß ist auch die Begeisterung für die verschiedenen Brotsorten, die frisch aus dem Backofen in den Mund der Besucher wandern. Mit konzentrierter Miene wird der Geschmack der Bio-Brote unter die Lupe – oder besser gesagt auf die Zunge genommen. Was vorher noch fleißig geknetet, geteilt und geformt wurde, landet schnurstracks in die hungrigen Mägen der Bauern. Haben die Brote den Test bestanden? „Schmeckt sehr gut“, hört man aus den Reihen nuscheln. Und hier vergessen wir ausnahmsweise die Regel: „Mit vollem Mund spricht man nicht.“