Test

An die lange Leine, Pflicht ist keine

Nach 4,3 Millionen verkauften Hybridfahrzeugen legt der Toyota-Konzern die Latte für die alternative Antriebstechnik höher – mit einer Plug-in-Variante des Prius samt 25 km elektrischer Reichweite.

Von Markus Höscheler

Brüssel –Selbst der Vorstandsvorsitzende des Erzrivalen Volkswagen gab es am vergangenen Wochenende in einem ausführlichen Interview zu: Martin Winterkorn räumte via Handelsblatt dem alternativen Antrieb Plug-in-Hybrid auf mittlere Sicht gute Chancen ein. Was er nicht sagte: Hier spielen die deutschen Hersteller noch keine Rolle, Branchenprimus Toyota hingegen schon. Die Japaner lancieren in dieser Woche am Markt erstmals den Prius als Plug-in-Hybrid. Die Konkurrenz hat hier nichts Marktreifes entgegenzusetzen – außer GM mit dem Duo Chevrolet Volt/Opel Ampera.

Doch dem setzt der Prius Plug-in ganz schön zu. Der Toyota-Bolide ist mit 1425 kg nicht nur rund 200 kg leichter als die deutsch-amerikanische Limousine, sondern er ist auch günstiger, hat mehr Platz und mehr Gesamtreichweite. Einzige Ausnahme: Im reinen Elektromodus ist die Kapazität des Volt bzw. des Ampera deutlich größer. Dessen Lithium-Ionen-Akku fasst mehr als doppelt so viel als das 80 kg leichte Paket, das unter dem Kofferraum des Prius verstaut ist. Von den 4,4 Kilowattstunden sind drei effektiv nutzbar, die wiederum eine rein elektrische Reichweite von 25 Kilometern bieten.

Bei ersten Fahrproben in Brüssel konnten wir gut 20 Kilometer im ausschließlichen EV-City-Modus fahren, bewerkstelligt via Tastendruck auf der freischwebenden Mittelkonsole. Ist der Akku einmal leergesaugt, fährt sich der Prius Plug-in wie sein Bruder mit gewöhnlichem Hybridantrieb (der allerdings noch mit Nickelmetallhydrid-Akku auskommen muss). Das bedeutet, dass der 1,8-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor gelegentlich den Akku via Generator wieder lädt, um im günstigen Fall wieder genügend Strom bereitstellen zu können.

Der Hersteller verweist bei gewöhnlichem Hybridbetrieb auf einen Normverbrauch von 3,7 Litern Benzin je 100 Kilometer bzw. auf einen CO2-Ausstoß von 85 Gramm je Kilometer. Wer öfters Kurzstrecken fährt und dabei via Haushaltssteckdose die Plug-in-Funktion ausnützen kann, darf sich auf einen Normkonsum von lediglich 2,1 Litern je 100 Kilometer und eine CO2-Emission von 49 g/km sowie 5,2 kWh Strom je 100 km freuen. Dafür ist lediglich immer wieder die Geduld von eineinhalb Stunden aufzubringen, die der Prius Plug-in für das Aufladen an der Stromleine benötigt.

Kürzer ist natürlich der Aufenthalt an der Tankstelle – in Minutenschnelle füllt sich der 45 Liter fassende Benzinbehälter, der ein Garant für eine ideale Gesamtreichweite von mehr als 1200 Kilometer ist. Ein reines Elektrofahrzeug schafft im Regelfall ein Zehntel davon, wie die Toyota-Vertreter gerne betonen. Sie verweisen im Weiteren auf zusätzliche Eigenschaften, die dem Prius Plug-in die von einem Auto geforderte Vollwertigkeit verleihen: fünf Sitzplätze für Erwachsene; ein Laderaum, der 445 bis 1543 Liter Volumen aufweist; 136 PS Systemleistung.

Die Vollwertigkeit spiegelt sich zudem im Listenpreis: 37.500 Euro verlangt Toyota in Österreich für die Comfort-Ausstattung, damit liegt die nächste Hybridevolutionsstufe knapp 10.000 Euro über dem gewöhnlichen Hybrid, doch einige tausend Euro unter den zuvor erwähnten Volt/Ampera-Zwillingen. Mit Comfort erhält der Prius-Plug-in-Käufer Klimaautomatik, Sitzheizung, Tempomat und das Multimediabediensystem Toyota Touch. Die Premium-Ausführung kostet 39.300 Euro, hat zusätzlich eine JBL-Soundanlage, LED-Elemente und Regensensoren an Bord. Zur Sonderausstattung zählen weitere Multimedia-Funktionen wie Touch & Go sowie Touch & Go Plus sowie das Executive Paket mit Lederausstattung und adaptivem Tempomaten.

Überschaubar ist die Auswahl bei den Außenfarben: Fünf Lackierungen stehen zur Verfügung. Wenig, aber immer noch genug für einen Pionier der Hybridtechnik.