Natur

Priester outet in Predigt seine Liebe

Zammer Kooperator erklärte im Sonntagsgottesdienst, dass er eine Freundin hat. Die Diözese hat 50 unbesetzte Seelsorgestellen.

Zams –Die Messfeier war besser besucht als sonst. Die Gläubigen wussten: Es ist die Abschiedsfeier des beliebten und engagierten Kooperators Andreas Geisler.

Dass er eine Freundin hat, soll fast niemand gewusst haben. Die „Offenbarung“, die der junge Seelsorger in die Predigt eingebaut hatte, war die Riesenüberraschung am Sonntag, wie Gottesdienstbesucher übereinstimmend bestätigten. „Ich habe eine sehr liebe Freundin kennen gelernt“, teilte der junge Kooperator den versammelten Gläubigen mit.

„In den Bänken waren viele­ den Tränen nahe“, sagte gestern eine Zammerin, „ich bin in den hinteren Reihen gesessen, die bedrückte Stimmung habe ich trotzdem mitbekommen. Selbst wenn der Andreas gesagt hätte, dass er heiratet, hätten wir volles Verständnis.“ Ein weiterer Augen- und Ohrenzeuge aus Zams verriet: „Vor ein paar Wochen ist das Gerücht aufgetaucht, dass der Andreas eine Frau liebt. Ich habe das nicht ernst genommen. Es hat dann allerdings geheißen, dass er versetzt werden soll.“

Der Kooperator war gestern Montag nicht erreichbar. Vorerst soll er in die Schweiz zu einem Kloster gereist sein. Bischof Manfred Scheuer befinde sich im Ausland.

Stellungnahme der Diözese zum Fall

Am Dienstag gab die Diözese, einen Tag früher als erwartet, eine Stellungnahme zum Fall ab. „Als Diözese Innsbruck sind wir dankbar für die Ehrlichkeit und Offenheit, die sich in der nunmehrigen Entscheidung zeigt. Wir unterstützen diese Haltung. Zur Klärung des weiteren Weges ist eine Auszeit vereinbart. Kooperator Geisler wird diese Zeit in einem Haus der Jesuiten in der Schweiz verbringen“, hieß es in der Aussendung der Diözese.

Noch während des Gottesdienstes hat der Obmann des Zammer Pfarrgemeinderates, Klaus Antretter, Dankesworte­ an den scheidenden Seelsorger gerichtet. Zu dessen Bekenntnis, dass er eine Liebesbeziehung zu einer Frau aufgebaut hat, hob Antretter hervor: „Deine offenen Worte­ sind für uns alle sehr überraschend. Ich möchte dir für deinen Mut zur Ehrlichkeit danken. Es war sicherlich nicht leicht für dich, in dieser Situation eine Entscheidung zu treffen.“ Persönlich sei er überzeugt, dass sich die Berufung zum Priesteramt und die Sehnsucht nach Liebe, Familie und Partnerschaft nicht ausschließen dürfen: „Man muss sich ernsthaft fragen, wer noch übrig bleibt, wenn so wertvolle Menschen weggehen müssen.“

Mit dem Abschied des Kooperators ist die Pfarre Zams zwar nicht verwaist, aber die Diözese kann den akuten Priestermangel kaum abbauen­. Im Seelsorgeraum der Diözese Innsbruck gibt es rund 50 unbesetzte Stellen. (hw, tt.com)

Weitere Details im Fall und ein ausführliches Gespräch mit Generalvikar Jakob Bürgler lesen Sie in der Printausgabe der Tiroler Tageszeitung am Mittwoch oder wenn Sie Abonnent sind, bereits online ab 22.00 Uhr.