Vernichtete Lebensmittel

Handel fordert von Bauern mehr Kreativität ein

Die Auseinandersetzung um vernichtete Lebensmittel geht weiter. Der Handel will sich nicht den schwarzen Peter zuschieben lassen.

Von Christoph Mair

Innsbruck –Verfaulendes Gemüse auf den Feldern, für das die Bauern wegen strenger Qualitätskriterien im Handel keinen Abnehmer finden. Die Debatte um Lebensmittel auf dem Abfallhaufen hatte erst unlängst neue Nahrung erhalten, die TT berichtete.

Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger hatte in der Debatte beklagt, dass die Entwicklung für die Bauern „besorgniserregend“ sei. Obwohl die Qualität passe, nehme der Handel den Bauern Gemüse, das optisch nicht perfekt sei, nicht ab. Hechen­berger zeigte sich überzeugt, dass sich das Konsumverhalten ändern müsse.

Dabei will der Tiroler Handel aber auch die Bauern nicht aus der Verantwortung entlassen. Marcus Wörle, Gremial­obmann des Lebensmittelhandels in der Tiroler Wirtschaftskammer (WK), wehrte sich Montag bei einer Pressekonferenz zur Aktion „Bewusst kaufen“ dagegen, dem Handel allein den schwarzen Peter zuzuschieben. „Es gibt in Österreich nun einmal ein Qualitätsklassengesetz, und der Kunde entscheidet, was er kauft.“

Für Wörle ist jeder Unternehmer selbst dafür verantwortlich, was er mit seinen Produkten macht, hier sei auch „die Kreativität der Landwirte gefragt“. So gebe es bereits einige Beispiele, wo Feldfrüchte zweiter Wahl zu neuen Produkten veredelt würden, etwa beim Schnapsbrennen.

Die Vertreterinnen der beiden Handelsketten MPreis und Spar versuchten ebenfalls, Alternativen hervorzukehren. MPreis habe bereits Ideen zur Weiterverwendung von Gemüse, das nicht der höchsten Qualitätsklasse genüge, umgesetzt, betonte Sprecherin Ingrid Heinz und nannte die Verarbeitung zu Minestrone als Beispiel. Ihr Gegenüber von Spar, Barbara Moser, verwies darauf, dass die Handelskette auf eine Kooperation mit Sozialmärkten setze. Doch auch sie mahnt mehr Kreativität der Bauern ein.

Daran mangle es nicht, kontert der Direktor der Tiroler Landwirtschaftskammer, Richard Norz. Einiges werde schon gemacht, anderes, etwa der Einsatz von Gemüse in Biogasanlagen, sei wegen des hohen Wasseranteils nur bedingt sinnvoll. „Die Landwirtschaft ist kein Industriebetrieb“, betonte Norz, dass es immer einen Teil der Ernte geben werde, der nicht entspricht. Die Entwicklung, dass der Konsument zu makellosen Produkten greife, habe „nicht erst letzte Woche begonnen“, meint Norz und zeigt sich skeptisch, dass das Konsumverhalten geändert werden könne. Dazu brauche es einen breiten Ansatz.

Im September wollen die WK, die beiden Handelsketten und die Firma Hörtnagl die Konsumenten mit der öster­reichweiten Initiative „Bewusst kaufen“ für den Griff zu regional erzeugten und damit umweltschonenden Lebensmitteln sensibilisieren.