Der Sandmann ist ein Deutscher
Mit der Sandkastenliebe beginnt das wahre Leben – und dann zerrinnt es wie Sand zwischen den Fingern. Wir bauen auf Sand, reiben ihn aus den Augen und irgendwann stecken wir den Kopf hinein. Eine Hommage an Sand und den Sandmann Daniel Helber. Der Deutsche besitzt 5000 Sandproben aus aller Welt.
Echte Sandmänner können in den kleinsten Körnchen riesige Gebirge oder endlose Strände sehen. Sie kennen das Weiß der Copacabana genauso wie den Staub des Mount Everest. In ihren Gläsern und Döschen haben sie die ganze Welt versammelt.
Einer dieser sogenannten Arénophilen ist Daniel Helber. Sandkörnchen aus 243 Ländern und Regionen hat er in seinem Haus im schwäbischen Denkendorf zusammengetragen, von Flüssen und Seen, von Höhlen und Gebirgen, Wüsten, Dünen und sogar aus der Tiefsee.
„Ich sammle alles, was in meine Glasfläschchen reinpasst“, sagt der 36-Jährige. Fast 5000 Sandproben hat er in den kleinen Behältern aus dem Chemielabor-Großhandel verstaut: grasgrünen Sand aus Olivin-Kristallen von der Südspitze von Hawaii genauso wie blauen Sodalith aus Namibia. Was ihm jedoch fehlt, sind Körner aus dem Südsudan. „Das ist das einzige Land der Welt, aus dem ich noch keinen Sand besitze.“ Sandproben von der Nord- oder Ostsee braucht ihm hingegen keiner mehr mitzubringen.
Schade für das polnische Seebad Leba. Dort nämlich wird Sand momentan an Touristen verschenkt. Wind und Wellen bringen zu viel Nachschub in die „polnische Sahara“. Bis zu 50 Meter hohe Wanderdünen verschlucken Wälder, der Hafen droht zu versanden. Deswegen der Aufruf des Fremdenverkehrsamtes: Nehmt ihn mit! Für Sammlungen und Sandbars, gerne auch gleich Anhängerweise für ganze Spielplätze und Beachvolleyballfelder.
Ganz anders ist die Lage auf der Nordseeinsel Sylt – die mit Leba vielleicht eine Partnerschaft eingehen sollte. Denn die Ferieninsel verliert ständig an Substanz, unerbittlich nagen die Wellen an der Küste. Jedes Jahr muss das Eiland mit Sandvorspülungen geschützt werden. Doch Rettung naht: Über die Aktion „Sand für Sylt“ sollen Besucher ein Kilo Industriesand kaufen und diesen bei ihrem nächsten Besuch auf der Insel verstreuen.
Auf Föhr gibt man sich mit solchen Kleckereien nicht ab. Die Nordseeinsel wird gerade mit Hilfe von schwimmenden Baggern um 325.000 Kubikmeter Sand aufgespült. Der Sand aus der Fahrrinne zum Fähranleger Wittdün/Amrum wird auf knapp 2,5 Kilometern über eine Rohrleitung im Watt verteilt. Alle zehn bis zwölf Jahre ist er allerdings wieder weg, dann rücken die Bagger erneut an.
In den großen Weltmeeren suchen einige Inseln ihre immer dünner werdenden Strände mit Verboten zu retten: Auf den Kanarischen Inseln etwa ist es strengstens untersagt, einige Körnchen mitzunehmen. Auch an Mallorcas berühmtem Strand Es Trenc wird der Besucheransturm dafür verantwortlich gemacht, dass die Liegefläche nur noch wenige Meter breit ist.
Selbst Sandmann Helber hat für diese Mitbringsel kein Verständnis. „Viele Touristen nehmen ihn kiloweise mit, das finde ich nicht so toll. Aber manchmal ist halt zufällig was im Socken drin ...“ Wer Helber einen exquisiten Sand aus entlegenen Gegenden mitbringt, kann sich seiner Wertschätzung gewiss sein. Denn der Sandkenner kann mindestens 250 Proben aus 130 Ländern auseinanderhalten – das hat er bei „Wetten dass ..?“ bewiesen.
Dass Sand nicht gleich Sand ist, wissen auch die deutschen Beachvolleyballer, die vor den Olympischen Spielen ausgiebig auf London-Sand trainiert haben. „Wir erkennen die Unterschiede auf einen Blick. Einige Strände sind weich und tief, was das Spiel anstrengend macht“, erklärt Ilka Semmler, die mit ihrer Partnerin auf Rang neun landete. „Andere sind hart, was besser für uns ist.“ Den deutschen Männern scheint der Sand mehr Glück gebracht zu haben: Als erstes europäisches Team gewannen Julius Brink und Jonas Reckermann die Goldmedaille im Beachvolleyball.
Noch ein heißer Tipp fürs Sandburgenbauen: Niederländische Physiker haben gerade herausgefunden, dass es beim Bau hoher Türme vor allem auf die richtige Wassermenge ankommt. Optimal ist eine Feuchtigkeit von nur etwa einem Prozent – da reicht schon feuchte Luft, wie sie diesen Sommer ja nicht unüblich war. (dpa)