Architektur

Brendel weiht in das „A bis Z eines Pianisten“ ein

Eine kleine Enzyklopädie der Klavierkunst und ein Konzentrat seiner Lehren aus einer langen Pianistenlaufbahn hat Alfred Brendel als neueste literarische Schöpfung vorgelegt. Sein „A bis Z eines Pianisten“ (Hanser Verlag) kennt den Lehrmeister ebenso wie den Essayisten, die liebevolle Ironie ebenso wie den erhobenen Zeigefinger.

Vom „Akkord“ bis zum „Zusammenhang“ bleibt der als Konzertsolist pensionierte, aber als Musikpoet umso mehr geschätzte Brendel weder das eine noch das andere schuldig. „Ohne die Musik ist das Klavier ein Möbel mit schwarzen und weißen Zähnen“, schreibt Brendel und widmet sich dem Instrument und seinen technischen Feinheiten daher regelmäßig und kenntnisreich, aber nie ausschweifend. Lieber geht er seine „Meister“, die Komponisten, durch und dekliniert die musikalischen Vortragsbezeichnungen vom Arpeggio zum Staccato mit viel Charme und Konzertweisheit. Über das Üben und die Fingersätze, über Form und Gefühl, über das verhasste Husten des Publikums und die belächelte Gestaltung mancher Konzertprogramme weiß Brendel stets in getragenem Tonfall zu sinnieren.

Fest in seinem Urteil, manchmal streng und oft voller Begeisterung, legt der Tastenmeister Zeugnis ab von seinem vielfältigen musikalischen Credo. Dieses „Lesebuch für Klavierliebende“ ist für Menschen geschrieben, die mit Musik zu tun haben, die oft in Konzerte gehen, die nicht nur in Komponisten und Werken, sondern in Werkphasen und einzelnen Sätzen denken - und hält trotzdem manchen Aha-Effekt bereit. So kann man dann beim nächsten Konzertbesuch nicht nur die vorbereitenden Sesselrück-Techniken mit neuer Expertise beobachten, sondern auch während des Vortrags, ob der Pianist „von den Tasten weg (1), in die Tasten hinein (2), aus den Tasten heraus (3) oder durch die Tasten hindurch (4)“ spielt.