Fünf Gründe für das Chaos im deutschen Luftverkehr
Am Freitag droht eine weitere Eskalation des Flugbegleiter-Streiks bei der Lufthansa. Belegschaft und Management wissen: es geht um weit mehr als nur die Tarife.
Frankfurt am Main – Lufthansa ist im Tarifstreit mit ihren Flugbegleitern in schweres Wetter geraten. Der Konflikt berührt wichtige Fragen für die Zukunft der Airline, denn Lufthansa kann im internationalen Wettbewerb nur schwer mit deutschen Gehaltsstrukturen mithalten.
Anders als etwa der exportstarke Maschinenbau kann sie bei ihrem Produkt keine wesentliche bessere Qualität versprechen als die starke Konkurrenz aus Arabien oder Fernost. Der Vorstand sieht sich im Sparzwang, während die Belegschaft um ihre Besitzstände fürchtet. Es geht um das große Ganze:
1. ENTGELT - Nach drei Nulljahren sind Forderung und Angebot längst nicht so dicht beieinander wie es auf den ersten Blick „5 Prozent gegen 3,5 Prozent“ aussieht. Schon bei den reinen Entgeltzahlen machen die Laufzeiten erhebliche Unterschiede aus: Die Gewerkschaft Ufo rechnet die bis März 2015 reichende Lufthansa-Offerte auf unter 1 Prozent im Jahr herunter. Nicht alle Bestandteile des Angebots würden sich zudem dauerhaft auf die Gehaltstabelle auswirken.
2. GEHALTSSTRUKTUR - Lufthansa will die tarifliche Lohnstruktur mit ihren zahlreichen Aufstiegen zeitlich strecken und neue Tabellen für Neueinsteiger durchsetzen. Bis zur Endstufe könne es nach den Vorstellungen der Lufthansa im schlechtesten Fall 46 Jahre dauern, rechnet Ufo vor. Die Endstufen für die neuen Flugbegleiter und Purser lägen bis zu 1300 Euro im Monat unter dem jetzigen Niveau. Für die Bestandsbelegschaft will Lufthansa die individuellen Steigerungen für ein Jahr aussetzen. Die von Ufo bekämpften Eingangsstufen von gut 1500 Euro Grundgehalt brutto sollen beibehalten und etwas angehoben werden.
3. LEIHARBEIT - Lufthansa setzt in Berlin Leiharbeitskräfte der Firma Aviation Power ein, die anfangs zwar das gleiche Gehalt wie die Lufthanseaten erhalten, aber länger arbeiten müssen und geringere Aufstiegsmöglichkeiten haben. Lufthansa hat zugesagt, das Modell bei einem Abschluss zu beenden.
4. BILLIGTOCHTER - Ufo sperrt sich gegen die Gründung einer internen Billigtochter für die Direktverkehre außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München. Dort soll ein Tarifvertrag gelten, der in Summe rund 40 Prozent unter Lufthansa-Niveau liege, sagt Ufo. Intern heißt das Projekt „Direct4U“. Ufo fürchtet, dass es unter einem Lufthansa-Namen vermarktet wird. Benötigt werden rund 2000 Flugbegleiter, von denen 800 von der Tochter Germanwings kommen sollen, die in der neuen Firma aufgeht. Direct4U ist strategisches Kernstück des Score-Sparprogramms, das jährlich 1,5 Milliarden Euro bringen soll.
5. WEITERE STREITPUNKTE betreffen unter anderem Pausenregelungen, Zulagen sowie die Gewinnbeteiligung. Lufthansa verlangt zudem zwei Stunden Mehrarbeit im Monat und bietet eine Jobgarantie. (dpa)