Kindstod an Innsbrucker Klinik: Prozess gegen Arzt erneut vertagt
Ein Oberarzt muss sich vor Gericht für den Tod des dreijährigen Amel verantworten. Am Mittwoch wurde der Prozess erneut vertagt.
Innsbruck – Der Prozess gegen einen deutschen Oberarzt wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem Tod des dreijährigen Amel an der Innsbrucker Kinderklinik im April 2010 ist am Mittwoch am Innsbrucker Landesgericht erneut - diesmal auf den 28. November - vertagt worden. Richter Günther Böhler will dann unter anderem weitere Privatgutachten verlesen lassen. Der Prozess war bereits Ende Juni wegen der Erörterung von zwei Sachverständigengutachten vertagt worden. Die ursprünglich ebenfalls angeklagte deutsche Assistenzärztin war beim Prozessauftakt im Jänner 2012 freigesprochen worden.
Der pädiatrische Sachverständige erklärte vor Gericht, dass der Tod des Buben vermutlich nicht eingetreten wäre, wenn man die Verabreichung einer phosphathältigen Einlaufflüssigkeit nicht ein drittes Mal durchgeführt hätte. „Für den dritten Einlauf finde ich keine Rechtfertigung“, meinte der Experte. Nach dem zweiten Einlauf hätte zudem laut dem Sachverständigen eine genaue klinische Abklärung, unter anderem in Form einer Ultraschalluntersuchung sowie einer Kontrolle der Blutwerte, gemacht werden müssen. Dies vor allem deshalb, weil die verabreichte Dosis bei den ersten beiden Malen zu hoch gewesen sei. „Bei Anwendung bloß einer halben Dosis wäre Amel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verstorben“, sagte der Mediziner.
Der angeklagte Oberarzt bekannte sich wie zu Prozessauftakt nicht schuldig. Seiner Ansicht nach sei der Bub an einer schweren Darmerkrankung, konkret an einer „Darmmotilitätsstörung“, verstorben. Diese Darmmotilitätsstörung sei nicht erkennbar gewesen, beteuerte der Arzt. Die Überdosierung sei für den Tod nicht kausal gewesen. Diesbezüglich verwies die Verteidigung auf verschiedene Privatgutachten, unter anderem von einer Schweizer Klinik.
Dem Kind soll laut Anklage die Verabreichung von eineinhalb Flaschen phosphathältiger Einlaufflüssigkeit verordnet worden sein, obwohl wegen bestehender Niereninsuffizienz, Darmstörungen und des nicht altersgemäßen, niedrigen Körpergewichts besondere Vorsicht bei der Dosierung geboten gewesen wäre. Wäre zudem die empfohlene Dosierung der phosphathältigen Einlaufflüssigkeit eingehalten worden, wäre es zu keiner „Überphosphatemie“ und damit nicht zum Tod durch Multiorganversagen gekommen, so die Anklage. (APA)