Paralympics

Ex-Formel-1-Star Zanardi holt Gold, weitere Medaillen für Österreich

Bei einem Horror-Unfall verlor Alessandro Zanardi 2001 beide Beine. Nun holte er bei den Paralympics auf dem Kurs von Brands Hatch am Mittwoch Gold im Zeitfahren - mit seinem Handbike. Medaillen gab es auch für Österreicher.

London - Er hat sich seinen Traum erfüllt. Der frühere Formel-1-Fahrer Alessandro Zanardi hat bei den Paralympics in London die Goldmedaille im Zeitfahren mit dem Handbike gewonnen. Der Italiener, der bei einem Rennunfall 2001 auf dem Lausitzring beide Beine verloren hatte, setzte sich am Mittwoch über 16 km in 24:50,22 vor dem Deutschen Norbert Mosandl (+ 27,18) und dem US-Amerikaner Oscar Sanchez (+ 45,04) durch. Nach dem Rennen wurde Zanardi dann von seinen Emotionen überwältigt. Als Gold klar war, schrie er mit hochgerissenen Armen seine Freude heraus. Ausgerechnet auf der ehemaligen Formel-1-Rennstrecke in Brands Hatch erlebt er diesen bewegenden Moment. „Für mich ist etwas Magisches passiert“, sagte der Italiener im Ziel.

Früher dachte Alessandro Zanardi, er würde lieber sterben, als ohne Beine zu leben. Dann verlor er bei dem entsetzlichen Unfall auf dem Lausitzring nicht nur beide Beine, sondern auch drei Viertel seines Blutes und fast das Leben. Auf diesen 15. September 2001 folgte eine der beeindruckendsten Comeback-Geschichten im Sport. Dem tragischen ChampCar-Unfall vor elf Jahren, als er mit seinem Reynard-Honda ins Schleudern geriet und von Kontrahent Alex Tagliani mit 320 km/h gerammt wurde, gewinnt er sogar positive Aspekte ab. „Ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich mein Leben lang goldene Träume hatte.“ Als Motorsportler hätte er es nie zu solchen Sportfesten wie Olympia oder Paralympics geschafft.

2009 fasste er den Entschluss, es auf drei Rädern zu versuchen. Ein Freund hatte ihn von dem Sport erzählt, und Zanardi probierte ihn einfach mal aus. Den ersten Versuch an der Handkurbel, die bei den Sportlern ohne Beine die Pedale ersetzt, brach er nach wenigen Minuten völlig erschöpft ab. Aber sein Interesse war geweckt, und nach vier Wochen Training wagte er sich an den New York Marathon. Zanardi wurde auf Anhieb Vierter - im vergangenen Jahr gewann er sogar.

„Mein Motto ist: Es kommt nicht darauf an, wie hoch du gestiegen oder wie tief du gefallen bist“, verriet Zanardi im Vorfeld der Paralympics von London dem ZDF. „Man kann jeden Tag wieder etwas Neues erreichen.“ Der 46-Jährige lebt dies vor, von 2005 bis 2009 ging er in einem speziellen Boliden bei der Tourenwagen-WM an den Start. Im November 2006 stieg er als erster Beinamputierter in einen Formel-1-Wagen, den BMW für Testfahrten gebaut hatte. „Viele glauben, dass das Leben ohne Beine vorbei ist. Verdammt noch mal, das ist es aber nicht“, sagte Zanardi damals in Valencia.

Silber, Bronze für Österreichs Handbiker

Auch für Österreichs Athleten läuft es bei den Paralympics in London weiter nach Wunsch. Am Mittwoch gab es bereits die Medaillen Nummer neun und zehn. Handbiker Walter Ablinger holte sich auf der Rennstrecke von Brands Hatch im 16-km-Zeitfahren in der Klasse H2 die Silbermedaille, Wolfgang Schattauer (H1) durfte sich über Bronze freuen.

Ablinger hatte bei seiner Fahrt mehr als nur eine Schrecksekunde zu überstehen. Der 42-Jährige wurde auf der zweiten und letzten Runde von einem Begleitfahrzeug übersehen und regelrecht von der Straße gedrängt. Trotzdem fehlten ihm nach 26:57,25 Minuten im Ziel nur knapp fünf Sekunden auf den Schweizer Sieger Heinz Frei (26:52,39).

„Schade um die Goldchance - aber ich bin froh, dass ich noch lebe, weil ein Auto hat mich von der Straße in den Zaun gedrängt“, sagte Ablinger. Deshalb habe er die letzte halbe Runde mit einem kaputten Rad fahren müssen. „Trotzdem ist ein Traum wahr geworden und ich freue mich riesig, dass ich eine Medaille gemacht habe“, ergänzte der Oberösterreicher. Rang drei ging an den Italiener Vittorio Podesta (27:01,98).

Schattauer war als Titelverteidiger ins Rennen gegangen, musste sich mit einer Zeit von 38:02,35 Minuten aber dem Iren Mark Rohan (35:41,54) sowie dem Israeli Koby Lion (35:53,30) geschlagen geben. „Es ist einer der größten Erfolge meiner Karriere, weil ich auch schon ein wenig in die Jahre gekommen bin und die Konkurrenz sehr jung ist“, resümierte der 52-Jährige. Für ihn sei klar gewesen, dass eine erfolgreiche Titelverteidigung nicht möglich sei. „Bronze war das Maximum für mich und das habe ich geschafft.“ Christoph Etzlstorfer wurde Sechster (39:03,96).

Helmut Winterleitner wurde in der Kategorie Mixed T1/2 Zehnter, Anita Ruetz (C1-3) platzierte sich auf dem achten Rang. Aus internationaler Sicht erfüllte sich der 45-jährige Italiener Alessandro Zanardi den Traum von Gold. Der beinamputierte ehemalige Formel-1-Pilot siegte in der Klasse H4 mit einer Zeit von 24:50,22 Minuten vor dem Deutschen Norbert Mosandl (25:17,40).

Im Tischtennis zogen Andreas Vevera und Hans Ruep im Teambewerb der Klasse 1/2 mit einem 3:1-Sieg gegen Italien ins Halbfinale ein, in dem es am Donnerstag gegen die Slowakei geht. Österreich hält aktuell bei zwei Gold-, drei Silber- und fünf Bronzemedaillen. (TT.com/dpa)