Druck auf EZB steigt weiter: OECD rechnet mit Rezession in Deutschland
Im 3. und 4. Quartal dieses Jahres wird auch die deutsche Wirtschaft schrumpfen, sagen Wirtschaftsexperten der OECD voraus. Der Druck auf die EZB, an den Märkten zu intervenieren, steigt.
Berlin – Der EZB-Rat ist am Donnerstag in Frankfurt zu einer seiner wichtigsten Sitzungen seit Gründung der Währungsunion zusammengekommen. Die 23 Notenbanker wollen über ein neues, an den Finanzmärkten mit Spannung erwartetes Kaufprogramm für Staatsanleihen überschuldeter Euro-Staaten entscheiden, mit dem sie den Druck der Finanzmärkte von diesen Ländern mildern könnten.
Schon vor der Sitzung, an der auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker teilnehmen wollte, war es zum Schlagabtausch zwischen dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi und Bundesbank-Chef Jens Weidmann gekommen. Weidmann kritisiert Anleihekäufe scharf. Er ist im EZB-Rat in der Minderheit.
Der Rat entscheidet auch über den Leitzins. Eine Zinssenkung auf 0,5 Prozent ist nach Informationen von Notenbankinsidern aber nicht wahrscheinlich. Draghi wird die Gründe für den Beschluss und Details des neuen Anleiheprogramms um 14.30 Uhr (MESZ) in Frankfurt vor der Presse erläutern. Wie immer werden die Akteure an den Finanzmärkten dann gebannt an seinen Lippen hängen. Sollte die EZB die extrem hohen Erwartungen der Investoren enttäuschen, könnte es zu einem Ausverkauf an den Börsen kommen.
OECD sagt Rezession voraus
Gleichzeitig zeigt die neueste Wachstumsprognose der OECD, dass Deutschland im zweiten Halbjahr in die Rezession schlittern könnte – eine Folge der Unsicherheit im Markt im Zuge der Schulden-Krise in einigen Staaten der Eurozone.
Die Wirtschaft dürfte im dritten Quartal – auf das Jahr hochgerechnet – um 0,5 Prozent schrumpfen und im vierten Quartal um 0,8 Prozent, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Donnerstag in ihrem Zwischenbericht zum Wirtschaftsausblick der G7-Länder mitteilte.
Nach üblicher Rechnung entspricht dies einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes im Sommer von mehr als 0,1 Prozent zum Vorquartal und zum Jahresende von etwa 0,2 Prozent. Zum Vergleich: Die Wirtschaft war Anfang 2012 noch um 0,5 Prozent gewachsen und im Frühjahr um 0,3 Prozent.
Ohne Lösungen für Euro-Zone weiter Wirtschaftskrise
„Die globale Wirtschaft verliert an Fahrt, da wichtige Länder in Europa in eine Rezession rutschen, die jetzt weltweite Auswirkungen hat“, erklärte die OECD. „Dies wird so weiter gehen, wenn die Entscheider es versäumen, die Hauptursache für die Verschlechterung anzugehen: die anhaltende Krise in der Euro-Zone“, warnte OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan vor weiterer Untätigkeit bzw. einer weiteren Politik der kleinen Schritte.
Die Arbeitslosigkeit werde noch weiter steigen, warnte die OECD weiter. Eine Erholung könne es nur geben, wenn der Währungsraum seine Probleme mit dem Bankensektor, der Fiskalpolitik und der Wettbewerbsfähigkeit löse.
Weiter schlecht Aussichten für Italien
Für Italien, das bereits tief in der Rezession steckt, rechnet die OECD mit einer beschleunigten Talfahrt bis Ende 2012. Für Frankreich seien die Aussichten etwas besser. Die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone werde im laufenden Quartal leicht schrumpfen, aber im Herbst wieder minimal zulegen.
Für die USA sagt die OECD trotz spürbarer Folgen durch die Euro-Krise Wachstum voraus. Die US-Wirtschaft dürfte im Sommer annualisiert um zwei Prozent wachsen und im vierten Quartal um 2,4 Prozent.
Im Vorfeld der EZB-Entscheidung, die für Donnerstagnachmittag erwartet wird, sanken die Zinsen für spanische und italienische Anleihen. Dagegen stiegen die Renditen für „starke“ Eurostaaten an. Deutsche Zinsen erhöhten sich von 1,401 auf 1,53 Prozent, finnische kletterten gegenüber dem Vortag von 1,49 auf 1,607 Prozent, niederländische von 1,742 auf 1,867 Prozent und französische wurden ebenfalls wie österreichische geringfügig teurer. (APA, Reuters)