Kampf gegen Zahlscheingebühr
Weil er die strittige Zahlscheingebühr verweigert, sperrte die Telekom einem Tiroler seinen Telefonanschluss. Die Arbeiterkammer kritisiert das, der Konzern sieht sich im Recht.
Von Elke Ruß
Innsbruck –Sie bezahlen noch mit Zahlschein statt mit Abbuchungsauftrag oder Onlinebanking? Unternehmen verrechnen dafür nicht ungerne einen Aufpreis. Bei „A1 Telekom“ beträgt die Strafgebühr sogar satte 2,50 Euro pro Rechnung. Die kommt sechsmal im Jahr, das macht bei einem einzigen Festnetzkunden 15 Euro im Jahr.
Alle bisherigen Gerichtsentscheide in Österreich erklärten diese Zahlscheingebühr – laut AK-Konsumentenschützer Andreas Oberlechner oft als Bearbeitungs- oder Manipulationsgebühr getarnt – aber für unzulässig. Das Zahlungsdienstegesetz untersage, für eine bestimmte Zahlungsart ein zusätzliches Entgelt zu verlangen. Noch wartet der Fall aber beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf die endgültige Klärung.
Franz Tremmel aus Niederndorf fürchtet, die Zahlscheingebühren selbst dann nicht mehr zurückzubekommen, wenn der EuGH im Sinne der Kunden entscheidet. Tremmel zog die 2,50 Euro deshalb seit August 2011 von den Telefonrechnungen für seinen Festnetzanschluss ab. „Im Juni erhielt ich dann eine Zahlungserinnerung über 24,99 Euro“, berichtet Tremmel. Postwendend bat er um eine Erklärung, „für welche von der Telekom erbrachte Leistung der geforderte Betrag bestimmt ist. Jetzt haben sie mir meinen Anschluss gesperrt.“ Seither kann er nur noch angerufen werden.
„Mit so einer Vorgangsweise wird man keine Kunden gewinnen“, nennt Konsumentenschützer Oberlechner die Telekom „ein Negativbeispiel“. Dem Kunden den Anschluss zu sperren, sei „eine neue Variante“ und „sehr fragwürdig“, fordert er die Telekom auf, „das zu stoppen“. Viele andere Unternehmen seien dem AK-Appell gefolgt, bis zur endgültigen Klärung auf die Zahlscheingebühr zu verzichten. Erwartet wird nämlich ein Urteil gegen die Gebühr. Auch die Europäische Kommission lehne sie in einer Stellungnahme ab.
Tremmel reagierte auf die Telefonsperre, indem er die jüngste Rechnung gar nicht mehr beglich. „Ich kann ja nicht mehr telefonieren, wozu soll ich Gebühr zahlen?“ Er überlege jetzt, seinen Anschluss zu kündigen.
Die zahlscheingebührenfreie Alternative wäre ein Abbuchungsauftrag. Konsumentenschützer Oberlechner versteht aber die Bedenken vieler Kunden, einer Firma damit bequem Zugriff auf das eigene Konto zu ermöglichen.
„A1 Telekom“-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm betont, die Zahlscheingebühr sei bis zum EuGH-Urteil rechtens. Sie bestätigt, dass eine 2,50-Euro-Gebühr auch für Kunden gilt, die per Onlinebanking zahlen. Auch dies seien „manuelle“ Kunden, weil es „zu Falschbuchungen und vom Kunden definierten Zahlungszeitpunkten“ komme. Absolute Zahl nennt sie keine, es würden aber noch 7,6 Prozent der Rechnungen ohne Abbuchungsauftrag bezahlt. Bei 5,3 Mio. Mobilfunk- und 2,3 Mio. Festnetzkunden sind das Millionenbeträge.
Zum Fall Tremmel erklärt Dandrea-Böhm, ihm seien „in Kulanz“ am 26. Juni sogar zwei Mahnungen (20 Euro) storniert und das Zahlscheinentgelt unterdrückt worden. „Seit der aktuellen Rechnung (Fälligkeit 1. 8. 12) wird es nicht mehr verrechnet. Wir haben den Kunden an diesem Tag auch telefonisch darüber informiert. Wir haben dem Kunden gesagt, dass wir die Kosten für das Zahlscheinentgelt erst gutschreiben, wenn es vom EuGH eine Entscheidung gibt.“ Gesperrt sei Tremmels Anschluss seit dem 20. Juli wegen der offenen Rechnungen. Im Moment seien 65,36 Euro brutto offen – sechsmal das Zahlscheinentgelt bis Juni 2012, eine Zahlungserinnerung sowie 40,37 € brutto von der jüngsten Rechnung. „Um die Sperre aufzuheben, muss er auf jeden Fall den gesamten Betrag einzahlen, weil die aktuelle Rechnung ja auch schon fällig war.“
Eine Zahlscheingebühr verlangen z. B. auch etliche Versicherer. Oberlechner rät jedem Kunden, sie „nur unter Vorbehalt zu zahlen“. Dafür müsse man das Unternehmen einmal per Einschreiben verständigen, dass man die gemäß Zahlungsdienstegesetz vom 1. November 2009 unzulässige Gebühr „nur unter dem Vorbehalt der rechtlichen Klärung und Rückforderung“ zahle. Ab diesem Zeitpunkt könne man sie später mit vier Prozent Zinsen zurückverlangen. Einen Musterbrief gibt es auf der AK-Homepage. Entscheidet der EuGH gegen die Zahlscheingebühr, will die AK die Firmen aber auffordern, die Rückzahlungen von sich aus zu tätigen.