Gefahr zwischen den Leitschienen
Ein Auffahrunfall, bei dem ein Auto in ein Sicherungsfahrzeug kracht, macht bewusst: Arbeiter auf der Autobahn haben einen gefährlichen Job. Brenzlige Situationen gehören fast zum Alltag, die Asfinag appelliert an die Lenker.
Von Christoph Mair
Innsbruck –Mäharbeiten auf der Überholspur der Autobahn: Die Arbeiter stehen unter Strom. Denn sie können sich nicht allein auf ihre Tätigkeit konzentrieren. Es gilt auch, den mit hohem Tempo dicht an ihnen vorbeirauschenden Verkehr im (wachsamen) Auge zu behalten.
Und trotz aller Absicherung passiert es: Ein Autofahrer kracht ungebremst in das Sicherungsfahrzeug und schiebt den Lkw 15 Meter vor. Der Fahrer des Sicherungsfahrzeuges, der gerade aussteigen will, zieht sich ein Schleudertrauma zu. Verletzt wird auch der Lenker des Pkw. So passiert am Mittwoch auf der Autobahn bei Kundl. Ein dramatisches Beispiel für die Risiken, denen Arbeiter auf der Autobahn ausgesetzt sind „Wir können nicht nur auf uns selbst schauen, sondern sind von den Autofahrern abhängig“, weiß Markus Nachtschatten um die Gefahr für Arbeiter zwischen den Leitschienen. Als Stützpunktleiter Wörgl der Autobahnmeisterei Vomp kennt er die vielen brenzligen Situationen vor Baustellen, die meist dem Leichtsinn der Autofahrer geschuldet sind. „Viele reagieren einfach nicht auf die Hinweise, weil sie z.B. immer häufiger telefonieren.“ Auch Überholen bis kurz vor der Sperre gehöre zum Sündenregister. Unfälle zwischen Asfinag-Personal und Verkehrsteilnehmern seien in Tirol eher selten, heißt es von Seiten der Autobahngesellschaft. Eine eigene Statistik gebe es nicht. Doch umgefahrene Baken und touchierte Warneinrichtungen sind an der Tagesordnung – stumme Zeugen dafür, wie eng es oft wird.
Dabei sei die Technik zur Ankündigung von Fahrbahnsperren und Baustellen in den vergangenen Jahren immer raffinierter geworden, sagt Nachtschatten. „Die Verkehrsbeeinflussungsanlage hat uns stark geholfen.“ Und auch moderne LED-Anzeigen über Fahrbahnverengungen sollten keinem aufmerksamen Lenker verborgen bleiben.
Der jüngste Unfall bei Kundl, bei dem einer ihrer Kollegen verletzt worden ist, habe die Belegschaft des Stützpunktes Wörgl aufgewühlt, erzählt ihr Chef. „Da läuft es jedem kalt über den Buckel, weil jeder diese Absicherungsarbeiten macht.“ Viele würden sich fragen, was passiert wäre, wenn statt eines Pkw ein Lkw auf den Warnleitanhänger geprallt wäre oder wenn beim Sicherungswagen die Handbremse gezogen gewesen wäre. „Das wäre wie eine Wand gewesen, der Pkw-fahrer hätte wahrscheinlich keine Chance gehabt“, ist Nachtschatten überzeugt.
Autobahn-Mitarbeiter würden regelmäßig über die Gefahren ihres Arbeitsplatzes aufgeklärt, sagt Martin Kirchmair, Leiter des Bereichs Erhaltung bei der Asfinag. Zudem werde auf frühzeitige Warnungen und die richtige Absicherung der Arbeitsstellen geachtet, betont Kirchmair. Das sei auch nach dem aktuellen Unfall kontrolliert worden. Bei Arbeiten auf der Autobahn, auf die bereits vierhundert Meter vorher das erste Mal aufmerksam gemacht werde, seien vor allem die Autolenker gefordert: „Sie sollten die Anzeigen und Leiteinrichtungen akzeptieren und sich ihrer Verantwortung bewusst sein.“ Dazu gehöre es, sich frühzeitig einzuordnen und die Geschwindigkeit anzupassen.