Innenpolitik

Vergatterung gegen Berufsheer

ÖVP mobilisiert mit Katastrophenschutz, Zivildienst und Werten für die Wehrpflicht.

Wien –Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer ist ein überzeugter Verfechter des Konzepts des „Bürgers in Uniform“ und damit der allgemeinen Wehrpflicht. Gestern war er Stargast einer Veranstaltung in Wien, bei der die ÖVP ihre Argumente für die Volksbefragung über die Wehrpflicht im Jänner schärfte: Katastrophenschutz, Zivildienst und die Betonung von Werten. Es sei den jungen Menschen zumutbar, wenn sie einen Beitrag für das Land und die Gemeinschaft leisten, sagte ÖVP-Obmann Michael Spindelegger vor rund 400 Gewerkschaftsfunktionären und Vertretern von Blaulichtorganisationen. Die Bürger sollten nicht ständig auf den Staat warten, sondern auch selbst einen Beitrag leisten.

Zur Verteidigung des Zivildienstes war Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes, angetreten. Er glaubt nicht an das von Sozialminister Rudolf Hunds­torfer (SPÖ) vorgelegte Modell eines bezahlten „freiwilligen“ Jahres. Vielmehr sei eine „drastische Reduktion der Leistungen der Rettungsorganisationen“ zu befürchten. Krankentransporte etwa könnten länger dauern.

Die ÖVP sucht dabei auch den Schulterschluss mit den Präsidenten von Offiziersgesellschaft und Milizverband, die am erbittertsten gegen die Berufsheerpläne von SPÖ und Verteidigungsminister Norbert Darabos agieren. Darabos sei der „Totengräber der Landesverteidigung“, wetterte Michael Schaffer vom Milizverband. ÖVP-Chef Spindelegger warf dem SPÖ-Minister vor, mit seinen Berufsheer-Pilotprojekten die Verfassung auszuhöhlen.

Nach den Attacken sind heute aber wieder politische Verhandlungen angesagt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Darabos versuchen, eine gemeinsame Formulierung für die Volksbefragung zu finden. Darabos hatte zuletzt durchblicken lassen, er könne sich vorstellen, auch den Zivildienst in der Fragestellung vorkommen zu lassen. Meinungsforscher schreiben der Formulierung der Frage einen möglichen Einfluss auf das Ergebnis zu.

Auch die Zivildienst- und Blaulichtorganisationen sind zu Gesprächen geladen – von Hundstorfer und von Mikl-Leitner, getrennt und unabhängig voneinander. Die Betroffenen sind verärgert. „Wir wollen nicht für Parteiengezänk instrumentalisiert werden“, sagte Diakonie Österreich-Direktor Michael Chalupka. Wer zu einer Volksbefragung rufe, sollte auch gemeinsame Lösungen für den Sozialbereich finden können, so Chalupka in Richtung SPÖ und ÖVP. (sabl, APA)