In diesem Team ist kein Andi Ogris dabei
Teamkicker bekamen gestern Nachmittag in Wien Ausgang. Die meisten waren vor Einbruch der Dunkelheit schon wieder daheim. Neo-Russe Jakob Jantscher stockt den Legionärsanteil im ÖFB-Team auf.
Von Hubert Winklbauer
Wien –Hatte es nur so den Eindruck? Oder spannte das ÖFB-Teamleiberl über der Brust von Jakob Jantscher doch ein wenig? Ist er womöglich auch gewachsen? Ein wenig? Oder machte das alles der gestern fixierte Wechsel des Red-Bull-Mittelfeldmotors zu Dynamo Moskau? Das Grinsen jedenfalls konnte er sich selbst kaum verwehren. Verschnupft, aber glücklich hat sich Jakob Jantscher im Camp der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft präsentiert.
Angesichts der jüngsten Entwicklung konnte der Steirer seine Verkühlung, die eine Trainingsteilnahme unmöglich machte, leichter verschmerzen. Obwohl von den Experten zum Spieler der abgelaufenen Saison gewählt, war Jantscher zuletzt bei den Bullen nicht mehr erste Wahl. Trotzdem verzichtete der zehnfache ÖFB-Internationale (ein Tor) auf eine öffentliche Abrechnung mit den „Bullen“. „Bei Salzburg haben ein paar Sachen nicht funktioniert“, sagte Jantscher, der vorerst für ein Jahr plus Kaufoption verliehen wurde und daher noch immer Red-Bull-Angestellter ist. Dynamo Moskau ist für österreichische Fußballer fast so etwas wie die große weite Welt. Die soll in Zukunft Jantschers Ausgangspunkt sein, um sich beim rotweißroten Nationalteam unentbehrlich zu machen. Das ist er noch lange nicht. Die taktischen Feinabstimmungen im Training lassen darauf schließen, dass vorerst der Wechsel nach Moskau Jantschers größte Freude sein wird.
Im Team ist er zweite Wahl. Und dies ist immerhin auch so etwas wie ein Qualitätsnachweis für seine „siegreichen“ Mittelfeldkonkurrenten. Der Neo-Legionär versäumte als einziger Teamspieler das Training am Donnerstagvormittag – alle anderen Kicker, darunter auch der zuletzt angeschlagene Martin Harnik, machten die intensive Einheit zur Gänze mit. Am Nachmittag gab Teamchef Marcel Koller seinen Schützlingen kurzfristig frei.
Die Spannung baut man eben auch auf, indem man sie in Sequenzen von den Spielern nimmt. Gestern mussten sie also den Kopf freimachen, um ihn heute wieder voll zu bekommen. Das Gehörte, Gelernte, Geübte muss sich setzen. Motto: Manchmal ist weniger auch mehr. Die Gefahr, dass sich Nationalkicker an freien Nachmittagen danebenbenehmen, geht gegen null. Vorbei die Zeiten, als Teamkicker eingesperrt werden mussten.
Als die Teamspieler vor rund einem Jahr noch unter Teamchef Didi Constantini bis 22 Uhr freibekamen, waren die meisten um 20 Uhr daheim. „Das hätte es früher bei einem Andi Ogris und ihm ähnlichen Typen mit Sicherheit nicht gegeben“, hatte der damalige Co-Trainer Manfred Zsak ein klein wenig den Kopf geschüttelt. Dass das Bravsein allein noch nicht ausreicht, um am Spielfeld den Gegnern Schwierigkeiten zu machen, wissen wir mittlerweile. Als Sieger kann sich schon jetzt der ÖFB freuen. Zumindest als finanzieller.
Beim Fußball-WM-Qualifikationsspiel am kommenden Dienstag (20.30 Uhr/live ORF eins) werden zwar „nur“ 47.000 Zuschauer im Wiener Happel-Stadion Platz nehmen, weil wegen der TV-Doppelproduktion das theoretische Potenzial von 50.000 Fans nicht ausgeschöpft werden kann. Laut Bernhard Neuhold, ÖFB-Direktor für Organisation und Finanzen, hätte man locker Zehntausende zusätzliche Tickets verkaufen können. Eine Variante wie bei der EURO 2008 mit zusätzlichen Tribünen sei trotzdem kein Thema gewesen – dies hätte sich für den ÖFB wohl finanziell nicht gerechnet. Allein aus dem Ticketverkauf verdient der ÖFB mit dem Deutschland-Match über eine Million Euro, dazu kommen noch Erlöse aus Werbe- und TV-Verträgen. Da lassen sich auch die Ausgaben für rund 700 Sicherheitsbeamte verschmerzen, die von Polizisten „in einer niedrigen dreistelligen Anzahl“ (Neuhold) unterstützt werden. Insgesamt 2500 VIP-Besucher werden erwartet – zu viel für die Räumlichkeiten des Happel-Stadions. Deswegen wird vor der Arena ein eigenes Zelt für 1000 Personen errichtet. An die Zuschauer im „normalen“ Bereich werden 40.000 rotweißrote Fahnen verteilt, zudem ist rund um den Sektor C eine eigene Choreographie geplant. Im VIP-Sektor haben sich 500 Deutsche angekündigt, für den deutschen Fanbereich wurden 1173 Karten abgesetzt.
Hochrisiko-Spiel ist das dienstägige keines. Eher eines unter Freunden.