Bühne

Malerei ist nicht gleich Staffelei

Räume schminken, Cocktails trinken: „Immer bunter“ treibt es die Malerei in Österreich, so die These der neuen Schau in der Taxisgalerie. Wie zum Beweis gibt‘s viel Interdisziplinäres.

Von Ivona Jelcic

Innsbruck –Eine Wand blieb nicht nur bis zum Presse­rundgang Donnerstagfrüh in der Galerie im Taxispalais unschuldig weiß, sie soll erst im Rahmen der heutigen Eröffnung bespielt werden, und zwar vom Publikum: Christian Falsnaes‘ Beitrag zur Gruppenausstellung „Immer bunter“ versteht das Malen als Mitmachaktion und somit auch „Erlebnisraum“ – und die geplante Performance „One“ des gebürtigen Dänen, der an der Wiener Akademie studiert hat, ist nicht die einzige in dieser Schau. Auch die Wienerin Marianne Vlaschits schlägt die Brücke zum Performativen und hat dafür ein Bühnenbild entworfen: „Malibu Sunrise“ klingt wie ein Cocktail und ist eine üppig ausstaffierte Poollandschaft inklusive lasziv hingestreckter Beachboys – lebendige Exemplare sollen dieses von Lust, Begehren und der Sehnsucht nach Exotischem getränkte Setting ebenfalls im Rahmen der Eröffnung zum Leben erwecken.

Freilich ohne die zentrale Frage des Gesamtunternehmens vergessen zu machen: Wie steht es um die aktuelle Malerei aus Österreich? Das junge Kuratorenteam rund um Taxisgalerie-Chefin Beate Ermacora – Julia Brennacher, Lotte Dinse und Jürgen Tabor – ortet darin ein „überaus dynamisches Feld“, das seine Fühler längst auch in allerlei andere Bereiche ausstreckt. Diese Tendenz aufzuzeigen, hat man elf Künstlerinnen und Künstler geladen, deren großteils extra für die Schau entstandenen Arbeiten offensichtlich auch größtmögliche Spannbreite demonstrieren sollen. Wobei etwa mit dem gebürtigen Kitzbühler Markus Bacher, dem im Oktober der Paul-Flora-Preis 2012 verliehen wird, auch die klassische Malerei nicht zu kurz kommt. In Bachers Fall an ebenso ungewöhnlichem wie prominentem Ort, nämlich im Innenhof der Taxisgalerie, wo sein großformatiges Gemälde „Bluechip“ Wind und Wetter trotzt sowie durch die Glasdecke in Dialog mit einem seiner in der darunterliegenden Halle präsentierten Werke tritt. Um Bachers ebenso dicht wie licht komponierte, zwischen Abstraktion und Figürlichkeit changierende Arbeiten gruppiert sind solche von Maja Vukoje, Alfons Pressnitz und im Unteren Foyer schließlich auch Katrin Plavcak, bei denen sich die inhaltliche Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen sowie soziokulturellen Themen als gemeinsamer Nenner erweist, ausgeführt mitunter auch unter Einsatz malereifremder Materialien.

Malerei von heute wie auch schon von gestern kommt nicht ohne Selbstbefragung aus, gerne auch unter Bezugnahme auf das Vorgestern, wie im Erdgeschoß der Galerie zu sehen ist, die einige der spannenderen Positionen zeigt. Etwa jene des gebürtigen Grazers Manuel Gorkiewicz, dessen ausladende, titellose Wandarbeit aus Lidschattenfarbe gemacht ist und einen nicht unironischen Blick auf das Verhältnis zwischen Konsum- und Kunstwelt sowie die Frage der Autorenschaft wirft: Die scheinbar modernistische Formensprache entpuppt sich als maßstabsgetreue Vergrößerung der Schminktiegel-Designs.

Eine Art der Aneignung prägt auch die Arbeitsweise von Martina Steckholzer, die sich auch mithilfe von Fotografie und Film auf Messen oder in Museen ein Reservoir an Kunsterleb(niss)en anlegt, das sie in ihren meist kleinformatigen Ölmalereien weiterspinnt. Der Einsatz von Kugelschreibertinte als Malmaterial ist das Markenzeichen des Kirchbergers Herbert Hinteregger, hier gesellen sich zu vier aus der Monochromie gleichsam herausgeschälten und im Raum installierten Streifenbildern architektonische Überlegungen – und als Ready-Made ein Glasfenster aus der Zeit der Wiener Werkstätte. Luisa Kasalicky wiederum bedient sich herkömmlicher Industrie- und Baustoffe, um aus ihnen vielschichtige „gemalte Installationen“ oder auch „installierte Malereien“ zu bauen.

Dass man in „Immer bunter“ ganz gezielt auf das Arbeiten in Grenzbereichen schaut, zeigt sich im Beitrag von Herwig Weiser, der denkmöglich weit entfernt von der herkömmlichen Vorstellung des Malers an der Staffelei ist: Er lässt komplizierte Apparaturen aus verschiedensten Substanzen, Farbrohstoffen oder verflüssigten Metallen durch Strom und Ultraschall im Sinne eines zeitgenössischen Action Painting seine Bilder malen, die auf Film oder wie in der Taxisgalerie im Video „Lucid Phantom Messenger #1“ auf der digitalen Leinwand landen.