„Ich muss mich öfters zwicken“

Williams-Teilhaber und Vorstandsmitglied Toto Wolff sprach mit der TT über erfüllte Träume, aktuellen Ärger und künftige rotweißrote Nachwuchsfahrer.

Herr Toto Wolff, dank Ihres Aufstiegs bei Williams nennt man Sie mittlerweile schon Mr. Williams. Wie klingt das?

Toto Wolff: (lacht) Besser als Mrs. Williams. Scherz beiseite – alles ist anders, als ich es mir gedacht habe. Alles, gegen das ich mich anfangs gesträubt habe, macht jetzt sehr viel Spaß. Nach dem Weggang von Adam Parr (Geschäftsführer, Anm.) habe ich diese Position derweilen ausgefüllt. Dann hat man mich gefragt, ob ich das nicht Vollzeit machen will. Seither sieht mein Telefonverzeichnis wie ein Autogrammbuch aus. Deshalb muss ich mich hin und wieder zwicken.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Mitinhaber und Teamchef Frank Williams beschreiben?

Wolff: Wir sind Partner und Freunde. Und hin und wieder wie ein altes Ehepaar, das sich zankt und Spaß hat miteinander.

12 Rennen, 53 Punkte und ein Sieg – im Vergleich zum Vorjahr (5 Punkte) eine deutliche Steigerung?

Wolff: Trotzdem ist es nicht super und absolut enttäuschend. Zwar haben wir mit unserem Sieg den Dämon, acht Jahre lang nicht gewonnen zu haben, abgeschüttelt, aber davon redet jetzt niemand mehr. Wir haben zu oft unnötige Fehler gemacht. Da waren zu oft unnötige Wege zu den Rennstewards. Das ist sehr unerfreulich.

Das klingt, als wären Sie verärgert?

Wolff: Ich bin es leid, dass unsere Basis „Hoffnung“ ist. So arbeite ich nicht. Wir werden den nächsten Schritt setzen und auf technischer Ebene weiter pushen.

Und auf Fahrerebene?

Wolff: Wir machen keine Rochaden unter der Saison. Aber für die kommende Saison kann ich nichts mehr ausschließen.

Kritiker bemängeln, dass Ihnen ein Top-Fahrer fehlt?

Wolff: Pastor Maldonado kann ein Top-Fahrer sein, wie er mit seinem Sieg bewiesen hat. Aber – wir müssen an der Nachhaltigkeit mit ihm arbeiten.

Als Coach ist ja Alexander Wurz für Ihre Piloten zuständig. Nebenbei ist auch Christian Klien bei Williams. Wird es auch bald einen rotweißroten Piloten geben?

Wolff: Da ist leider noch nichts in Sicht. Lucas Auer, der Neffe von Gerhard Berger, scheint die richtigen Tiroler Gene zu haben. Aber das ist alles noch zu früh.

Stichwort Nachwuchs-Fahrer: Viele Experten und auch Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali haben die Nachwuchsklassen und deren Piloten kritisiert. Die Jungen riskieren zu viel, weil die Technik vor schweren Unfällen schützt.

Wolff: Das stimmt. Es hat schon viele Jahre keine schweren Verletzungen mehr gegeben und noch so haarsträubende Unfälle haben glimpflich geendet. Egal, ob in der Formel 3 oder der GP2. Ein weiteres Problem ist, dass die Fahrer in diesen Klassen nur für sich selbst fahren. Später kommen sie in die Formel 1 und hier fahren sie aber für ein Team mit 400 Mitarbeitern. Das vergessen viele offenbar.

Wie zum Beispiel Romain Grosjean (Lotus) in Spa-Francorchamps?

Wolff: Unter anderem. So ein Manöver gehört hart bestraft. In der Formel 1 fährst du niemandem in die Kiste!

Themenwechsel: Maria de Villotas erste Testfahrt endete in einem Desaster. Hatten Sie kurzzeitig Angst, dass es Ihrer Frau Susie bei Ihrem ersten Test ähnlich gehen könnte?

Wolff: Der Unfall von Maria war sozusagen ein „freaky accident“ – eine Verkettung unglücklicher Umstände und natürlich hatte ich kurz Angst um Susie. Aber so hart es klingt: Mit Marias Unfall haben wir einen weiteren Erfahrungswert gesammelt. Die Formel 1 ist gefährlich – das vergessen sehr viele. Ich hoffe, dass sich Maria gut erholen kann. Bei Susies Test werden wir uns dementsprechend vorbereiten.

Bleibt nur noch der Blick in die Glaskugel: Wann wird Williams Weltmeister und was macht Toto Wolff an diesem Freudentag?

Wolff: (überlegt) Um den WM-Titel kämpfen wir im Jahre 2015. Und an diesem Tag werde ich mich heillos besaufen. (lacht)

Das Gespräch führte Daniel Suckert