Katholische Kirche legte erstmals Finanzgebarung offen
Rund 500 Millionen Euro umfasst das laufende Budget der katholischen Kirche. Erstmals gibt die Amtskirche in Österreich Einblicke in ihr Budget. Doch auf dem Weg zur Transparenz bleiben viele Fragen offen.
Wien – Die römisch-katholische Kirche in Österreich hat erstmals ihre Finanzgebarung offengelegt. Sämtliche Einnahmen und Ausgaben sind ab sofort via Internet unter http://kirchenfinanzierung.katholisch.at abrufbar, berichtete die „Kathpress“ am Freitag. Laut Offenlegung betrug das Gesamtbudget der Diözesen für 2010 rund 500 Mio. Euro pro Jahr, wobei den Großteil der Kirchenbeitrag ausmacht. Die Ausgaben überstiegen laut Bilanz 2010 die Einnahmen geringfügig um rund 2,8 Mio. Euro.
Rund 107 Mio. Euro an Einnahmen stammen laut Kirchenangaben aus Miet- oder Pachteinnahmen sowie aus staatlichen Leistungen zur Abgeltung von NS-Schäden. Letztere betragen rund 44 Mio. Euro. Haupteinnahmequelle für die neun katholischen Diözesen ist der Kirchenbeitrag:
393 Millionen Euro Kirchenbeitrag
Er erbrachte im Jahr 2010 rund 393 Millionen Euro (2008/386 Mio. Euro) – was einem Anteil von rund 80 Prozent am kirchlichen Gesamtbudget entspricht. Trotz angeblicher „Austrittswellen“ stiegen die Einnahmen der Kirche aus den Kirchenbeiträgen in den letzten Jahren beträchtlich. 2005 betrug der Einnahme-Posten noch 356 Millionen Euro. In fünf Jahren stiegen hier die Einnahmen um ganze 37 Mio. Euro.
Daraus werden laut Website „die Kernaufgaben der Kirche“ in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Entwicklungszusammenarbeit finanziert.
Aufgeschlüsselt werden auch die Ausgaben. Den größten Anteil daran haben die Personalkosten für die Tausenden Beschäftigten - Laien wie Priester - im kirchlichen Dienst. Die Personalkosten belaufen sich insgesamt laut Statistik auf rund 295 Mio. Euro - was einem Anteil an den Gesamtausgaben der Kirche von 59 Prozent entspricht. Die Bau- und Erhaltungskosten belaufen sich demnach auf 56 Millionen Euro oder 11 Prozent der Gesamtausgaben.
Erzdiözese Wien mit 109 Mio. Euro Budget vorne
Eine ausgeglichene Bilanzierung sei Grundsatz in der Haushaltsführung der Kirche, so der Mediensprecher der Bischofskonferenz, Paul Wuthe. Das jährliche geringe Minus werde durch Rücklagen gedeckt. Eine Bilanz für 2011 liege noch nicht vor, da noch nicht alle Daten der Diözesen ausgewertet seien.
Über das größte Budget verfügt die Erzdiözese Wien mit einem Gesamtvolumen von rund 109 Mio. Euro. Der Anteil des Kirchenbeitrags beläuft sich dabei auf rund 92 Mio. Euro. Laut Rechenschaftsbericht bilanziert die Erzdiözese Wien ausgeglichen, den größten Anteil an den Ausgaben haben auch hier mit 62 Mio. Euro die Personalkosten für die rund 1600 hauptamtlichen Mitarbeiter.
Mit der Offenlegung der Finanzgebarung will die römisch-katholische Kirche offensichtlich auch der Präsentation des Buchs „Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich“ von Carsten Frerk und Christoph Baumgarten zuvorkommen. Dieses soll am Montag in Anwesenheit von Vertretern der „Initiative gegen Kirchen-Privilegien“ und der Grünen vorgestellt werden.
Die online präsentierten Informationen geben allerdings keinen tieferen Einblick in die einzelnen Posten. Im Gegensatz etwa zu Unternehmensbilanzen werden Vermögenswerte wie Grund und Boden, Immobilien usw. nicht ausgewiesen. Dabei ist die Kirche drittgrößter Grundbesitzer Österreichs. In Wien etwa wird der „Marktanteil“ der Kirche auf zehn Prozent geschätzt.
„Unmöglich zu bewerten“
Von Seiten der Kirche heißt es dazu: „Schwer bis unmöglich zu bewerten ist das daneben noch bestehende Kunst- und Immobilienvermögen der Kirche: Kirchen, Klöster, Kapellen, Pfarrhöfe, Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Schulen etc. Wie soll man etwa den „Wert“ des Stephansdomes schätzen? Was sind Ordensspitäler „wert“? Noch dazu sind jede Diözese, jedes Stift, sogar jede Pfarre eine selbständige Rechts- und Wirtschaftseinheit – auch im Steuerrecht. In vermögensrechtlichem Sinn gibt es „die Kirche“ also nicht, sondern einige tausend eigenständige kirchliche Rechtsträger allein in Österreich. Das Vermögen dient dabei kirchlichen, wohltätigen und kulturellen Zwecken und wird verantwortungsvoll und nachhaltig bewirtschaftet.“
Die „detaillierte“ Aufstellung der Finanzen umfasst so auch nur eine einzelne A4-Seite und kann unter keinen Umständen als vollständig oder umfassend gewertet werden.
Stifte, Klöster, Bank und Mensalgüter?
Die Zahlen, die hier präsentiert wurden, sind weitgehend auch aus früheren Jahren bekannt. Unbekannt bleiben weiterhin Bischofsvermögen bzw. Einnahmen aus Mensalgütern, die zur „Absicherung“ von Bischöfen eingerichtet wurden. Hier wurden die Einnahmen auf bis zu 350 Mio. Euro geschätzt. Diese Einnahmen werden im Krichenhaushalt nicht berücksichtigt. Ebenso undurchsichtig bleibt die Ertragslage der Stifte und Klöster oder der „Kirchenbank“ Schelhammer & Schattera, die größtenteils (zu 85 Prozent) im Besitz von Institutionen der Kirche Österreichs steht.
Die vorgelegten Daten entsprechen damit wohl nur einer Annäherung an die behauptete Transparenz. (tt.com, APA)