Politstreit um Indios
In Venezuela wird der Vorwahlkampf für die Wahlen am 7. Oktober nun auf dem Rücken der indigenen Bevölkerung geführt.
Caracas –Das Massaker, das am 7. Juli von illegalen Goldschürfern aus Brasilien am Stamm der Yanomami-Indios verübt worden sein soll, führt mittlerweile zum Politstreit im Wahlkampf zwischen dem seit 14 Jahren regierenden Hugo Chávez und dem Oppositionsführer Henrique Capriles. Die Indio-Organisation HOY und ein Abgeordneter der Opposition hatten Ende Juli angezeigt, dass Goldsucher von einem Hubschrauber aus das Yanomami-Dorf Irotaheri im Amazonasgebiet im Süden Venezuelas beschossen und in Brand gesetzt hätten. Nur drei Männer aus dem ungefähr 80 Menschen zählenden Dorf hätten überlebt, weil sie sich zum Zeitpunkt des Angriffs auf der Jagd befunden hätten.
Der Konflikt zwischen den Goldsuchern und den Yanomami schwelt schon seit dem Jahr 2009. Seitdem wurden von den Indios immer wieder gewaltsame Übergriffe, Entführungen, Vergewaltigungen und Quecksilbervergiftungen gemeldet. 1993 wurden schon einmal 16 Menschen von den so genannten Garimpeiros umgebracht.
Auslöser der Eskalation im Juli soll die vorhergehende Entführung einer Frau des Stammes gewesen sein, die von den Yanomami zurückgeholt worden sei.
Chávez‘ Innenminister Aissami hatte die Aufklärung des Vorfalls versprochen und ein Ermittlerteam in das schwer zugängliche Amazonasgebiet entsandt. Diese Woche meldete der Minister, dass man die Indio-Gemeinden der Gegend im Grenzgebiet zu Brasilien besucht habe und alles in Ordnung sei. Gleichzeitig kritisierte er das „verwerfliche“ Verhalten „einiger Personen“ und der Medien, die falsche Nachrichten in Umlauf gebracht hätten.
Die Hilfsorganisation Survival International bezweifelt hingegen, dass die Ermittler bis zum betroffenen Dorf vorgedrungen sind. Zudem wird Chávez von Survival-Direktor Stephen Corry scharf angegriffen: „Als Nächstes werden wir hören, dass wir Teil einer kapitalistischen Verschwörung sind, die die Regierung im Wahljahr destabilisieren will.“ Corry meint, dass der Regierung das eigene Image wichtiger als das Leben der Indio-Völker ist.
Survival fordert eine gründliche Untersuchung der Geschehnisse und verlangt, dass die illegalen Eindringlinge endgültig aus dem Yanomami-Gebiet ausgewiesen werden. (thm)