Streit um Hightech-Rohstoff
China sendet verwirrende Signale zum Export von seltenen Erden. Der seit Jahren schwelende Streit beschäftigt auch die Welthandelsorganisation WTO.
Von Bernhard Bartsch aus Peking
Peking –Die seltenen Erden sind ein Lieblingsspielzeug der chinesischen Außenpolitik. Der knappe Rohstoff, der von Hightech-Firmen in aller Welt gebraucht, aber fast ausschließlich in der Volksrepublik abgebaut wird, versetzt China in die Rolle des Monopolisten – und Peking nutzt diese Macht bereitwillig aus, indem es die Exporte beschränkt und lenkt. Als die Chinesen sich etwa 2010 einen diplomatischen Streit mit Japan lieferten, schnitten sie der japanischen Wirtschaft kurzerhand den Seltenerd-Nachschub ab. Tokio musste klein beigeben.
Nun spielt Peking erneut mit seinen wirtschaftspolitischen Daumenschrauben und schürt mit widersprüchlichen Signalen Unsicherheit darüber, wie viel Seltenerd-Metalle China der Welt künftig zur Verfügung stellen will. Am Mittwoch hatte China zunächst eine Lockerung seiner Ausfuhrquoten angekündigt. Das Handelsministerium gab bekannt, für 2012 mehr Exporte seltener Erden zulassen zu wollen. Die Obergrenze soll um 2,7 Prozent auf 30.996 Tonnen steigen, die erste Erhöhung seit 2005. Nur zwei Tage später berichtete die chinesische Zeitung National Business Daily allerdings über Planungen, das Angebot zu verknappen. Demnach hat die für strategische Reserven zuständige Behörde begonnen, 18.000 Tonnen Seltenerd-Metalle vom größten Produzenten des Landes zu kaufen und einzulagern.
Darüber hinaus gibt es Unklarheiten darüber, inwieweit China seine Exportquoten überhaupt ausnutzt. 2011 lag die Obergrenze bei 30.184 Tonnen, doch ausgeführt wurden nur 16.900 Tonnen – zumindest auf legalem Wege. Der chinesische Branchenverband schätzt allerdings, dass zusätzlich rund 20.000 Tonnen außer Landes geschmuggelt wurden, so ein Bericht der Shanghai Daily. Für Unsicherheiten sorgt das in jedem Fall – und das treibt weltweit die Preise in die Höhe.
Der Konflikt schwelt seit Jahren und beschäftigt inzwischen auch die Welthandelsorganisation (WTO). Diese hat einer Klage der Europäische Union, der USA und Japan nachgegeben und die Einrichtung eines Schiedsgerichts beschlossen, das über die Rechtmäßigkeit von Chinas Quotenregelung entscheiden soll. Peking rechtfertigt seine Beschränkungen mit Nachhaltigkeits- und Umweltargumenten und fordert vom Rest der Welt, selbst mehr seltene Erden abzubauen.
Denn obwohl China heute 90 Prozent des Weltmarktbedarfs bedient, verfügt es selbst nur über etwa ein Viertel der globalen Vorkommen. In anderen Ländern wurde die Förderung in den vergangenen Jahrzehnten jedoch weitgehend eingestellt, weil die Volksrepublik den Bedarf zunächst billiger bediente. Doch seitdem die Gruppe von 17 chemischen Elementen, die unter anderem in Computern, Mobiltelefonen, Batterien, Flachbildschirmen oder Windturbinen Anwendung finden, zum Politikum geworden sind, bemühen sich die Industrienationen, alternative Quellen aufzutun. Japan hat etwa mit Indien ein Abkommen zum Bau von Seltenerd-Bergwerken geschlossen. Auch in Kanada und Australien werden neue Förderstätten erschlossen. Die Zeit des chinesischen Monopols könnte also bald ablaufen. Doch solange es besteht, scheint Peking es noch voll ausnutzen zu wollen.