Frühpension

Chefs müssen mehr auf die Psyche der Angestellten achten

Stress, Depression, Burnout, Mobbing: Jede dritte Frühpension hat inzwischen psychische Ursachen. Wer im Job zu sehr leidet, wird ab 2013 von seinem Arbeitgeber unterstützt. So will es das Gesetz.

Von Matthias Christler

Innsbruck – Die Arbeit bringt mich noch um. Sobald sich dieser Satz im Kopf manifestiert hat, ist es zu spät. Die Belastungen im Beruf haben überhandgenommen, die Auszeit ist unausweichlich. Burnout, Depression, Panik, Mobbing. Arbeitnehmer geben diese Gründe doppelt so oft bei ihren Krankenstandstagen an als noch 1995. Und sie bleiben drei Mal länger zu Hause als bei körperlichen Beschwerden. 2011 musste jeder dritte Frühpensionist infolge psychischer Leiden seine Arbeit niederlegen. Und von Mobbing sind allein in Tirol ca. 9000 Berufstätige betroffen.

Der Tiroler Arbeitspsychologe Kurt Seipel sieht die Novelle des Arbeitsgesetzes, das den Arbeitgeber mehr in die Pflicht nimmt, als ersten Schritt, einer problematischen Entwicklung entgegenzuwirken: „Die Mitarbeiter haben immer weniger Handlungsspielraum. Wir erleben eine neue Art der Fließbandarbeit, an die modernen Verhältnisse angepasst“, sagt Seipel. Dabei dürften immer weniger Fehler gemacht werden. Die Konzentration muss steigen, die Monotonie mit ihr. Dem Mitarbeiter fehlt der Gestaltungsspielraum – und die Anerkennung. „Das demotiviert. Und damit geht auch die Loyalität zum Arbeitsplatz verloren. Untersuchungen zeigen, dass Arbeitsplatzwechsel noch öfter stattfinden als bisher angenommen“, sagt der Arbeitspsychologe. Trotzdem schenke der Tiroler seinem Arbeitgeber inzwischen im Durchschnitt fünf unbezahlte Überstunden pro Monat.

Die Freizeit wird dementsprechend weniger, und dabei brauchen und suchen immer mehr einen Ausgleich und den Abstand vom Beruf. Doch genau das sollte nicht notwendig sein, meint Seipel: „Der Arbeitgeber muss das Umfeld so gestalten und die Zusammenarbeit sowie Kommunikation mit dem Mitarbeiter so handhaben, dass dieser ausgeglichen am Abend nach Hause gehen kann.“