Genuss

Der kalten Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

Der Trattbergbauer aus St. Johann machte aus der Not eine Tugend und produziert mit Erfolg Speiseeis – auch mit Ingwer und Karotten.

Von Margret Klausner

St. Johann i. T. –Eis aus Sauerkraut, Zitronengras, Ingwer oder Spargel: Was so manchen Eisliebhaber die Nase rümpfen lässt, ist für renommierte Küchenchefs in der Region Kitzbühel wichtiger Bestandteil ihrer Kreationen. Hergestellt werden diese Köstlichkeiten an einem überraschenden Ort – nämlich auf einem Bauernhof im St. Johanner Ortsteil Winkl. Der Trattbergbauer Hannes Millinger und seine Frau Martina haben aber nicht nur außergewöhnliche Eiskreationen im Sortiment – der große Renner sind natürlich Erdbeer-, Zitronen- oder Schokoladeneis.

Die Millingers haben vor acht Jahren aus der Not eine Tugend gemacht. „Wir wollten den Hof im Vollerwerb weiterführen“, erzählt das Paar. Doch mit den paar Milchkühen im Stall war das einfach nicht mehr machbar. Eine Annonce in einer Bauernzeitung brachte sie auf den erfolgreichen Weg. „Wir starteten im Rahmen eines Franchise-Systems einer holländischen Firma mit der Eisherstellung.“

Etliche tausend Euro investierten sie in die anfänglich riskante Produktionsidee. Die Millingers nutzten aber in der Krise ihre süße Chance. „Hinter uns liegt natürlich ein jahrelanger Lernprozess“, räumt Hannes ein. Seine Frau stimmt ihm da voll zu. Literweise Eis musste die fünfköpfige Familie – zur Freude der drei Kinder Christina, David und Thomas – selbst verspeisen. So mancher Liter musste überhaupt entsorgt werden.

Vom Franchise-System verabschiedeten sich die Trattbergbauern übrigens recht schnell. Heute produzieren sie ihr „Bauerneis“ selbstständig, der Erfolg gibt ihnen recht. Nicht nur der Geschmack überzeugt, es sind vor allem die natürlichen Zutaten, die meist aus der Region stammen. Während der Sommermonate etwa fährt Martina Millinger fast täglich auf die Alm in St. Ulrich und holt dort frische Milch und Rahm – kuhwarm sollte sie für die Produktion sein. Dazu kommen noch hochwertige Geschmackspasten bzw. frische Früchte, pasteurisierte Eidotter und Zucker. Martina Millinger setzt auf ein bewährtes Netz an Lieferanten und legt Wert auf beste Rohstoffe.

So kommt in das Honigeis nur Honig aus Tirol, die Beeren stammen meist aus heimischen Wäldern und sind handgepflückt. Und statt künstlicher Aromen, Farb- und Konservierungsmittel kommt nur eine Prise Himalayasalz mit in die Rohmasse.

In der kleinen blitzsauberen Eisküche wird penibel abgewogen, gemischt und gerührt – und das nahezu täglich und rund um das ganze Jahr. Rund 180 Sorten werden inzwischen hergestellt, da ist dann für jeden etwas dabei. Für Allergiker etwa stellt Hannes Millinger fünf Sorten Eis aus Schafmilch her. Die Milch dafür stammt vom Auracher Schafbauern Lois Aufschnaiter, der nur die beste Qualität liefert, damit es ja nicht „schafelt“.

Die bekannten Küchenchefs in der Region setzen ebenfalls auf die Eisqualität aus St. Johann und geben so manches spezielle Rezept in Auftrag. „Wir haben da keine Berührungsängste“, schmunzeln die Millingers. Ob Karotte, Spargel oder Ingwer – auf Wunsch gibt es fast alles. Rund 5000 Liter Eis stellen die Millingers inzwischen jährlich her. „Tendenz steigend“, wie der Bauer stolz betont. Seit heuer wird das Eis übrigens in Gläsern und nicht mehr in Plastikbehältnissen abgefüllt. Nicht nur aus Umweltschutzgründen, sondern auch zur Verbesserung der Qualität. Verkauft werden die Köstlichkeiten in einigen regionalen Spar-Geschäften und im gastronomischen Bereich.

Das gesteckte Ziel haben Martina und Hannes Millinger schon längst erreicht: Die Familie kann von der Eisherstellung leben und der so Hof im Vollerwerb geführt werden.