Tirol bereitet sich auf die Rückkehr des Wolfs vor
Grenznaher Nachwuchs in der Schweiz macht vermehrte Abstecher nach Tirol wahrscheinlicher. Das Land trifft bereits Vorbereitungen.
Von Christoph Mair
Innsbruck –Sie kommen. Nicht erst seit dem kürzlich erbrachten Nachweis von Wolfnachwuchs nahe der österreichischen Grenze in der Schweiz ist für Experten klar: Das streng geschützte Raubtier erobert in Europa Lebensraum zurück. Mit den Welpen im Nachbarland erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch Tirol verstärkt Besuch von Wölfen bekommen wird, erklärt Christian Pichler vom WWF. Mit der Geschlechtsreife mit ca. zwei Jahren würden die Wölfe ihr eigenes Rudel und Revier suchen. Immer wieder wagten schon in der Vergangenheit einzelne Tiere Abstecher nach Tirol.
Die Rückkehr des Wolfs zwingt besonders der Landwirtschaft Veränderungen auf. Unbeaufsichtigt weidende Schafe werden zur potenziellen Beute. „Das Thema Herdenschutz wird unausweichlich auf die Bauern zukommen“, ist Pichler überzeugt. Ein Vorbild sei die Schweiz, wo bereits spezielle Herdenschutzhunde im Einsatz sind – die TT berichtete. Der WWF macht Druck, damit der österreichische Wolfsmanagementplan möglichst rasch beschlossen und auch mit Leben erfüllt wird, um im Anlassfall vorbereitet zu sein. In dem Regelwerk sind u. a. das Monitoring von Wanderbewegungen der Wölfe, die Öffentlichkeitsarbeit oder die genauen Zuständigkeiten bei der Entschädigung für gerissene Weidetiere festgeschrieben.
Zufall oder nicht, der Plan soll am Donnerstag dieser Woche beschlossen werden, berichtet Martin Janovsky als Bär- und Wolfsbeauftragter des Landes. „Auch Tirol stimmt dem Wolfsmanagement zu und erklärt es als verbindlich.“ Vorgesehen sei auch, ein Pilotprojekt zum Herdenschutz zu starten. In die Hand nehmen soll es Johann Höllbacher. Der Salzburger, Obmann des Bundesverbandes für Schafe und Ziegen, ist mit dem Thema Herdenschutz konfrontiert. Seit Jänner ist beim Verband nämlich die nationale Beratungsstelle Herdenschutz angesiedelt. „Es ist vorgesehen, in Tirol eine Modellregion zu errichten, um auszuprobieren, inwieweit der Herdenschutz umsetzbar ist“, sagt Höllbacher. Zeit und Ort dieses Pilotversuches seien allerdings noch nicht bekannt. Es werde demnächst ein Gespräch mit LHStv. Anton Steixner geben. „Was ich in der Schweiz gesehen habe, hat mich fasziniert“, ist Höllbacher optimistisch, dass der Schutz von Schafherden vor Wölfen gelingen kann. Die Herausforderung sei jedoch groß. Es sei wichtig, rechtzeitig die Voraussetzungen zu schaffen. „Sonst werden die Emotionen bei den ersten gerissenen Tieren sehr hochgehen“, prophezeit Höllbacher aus Erfahrungen. Die Überzeugungsarbeit bei den Landwirten, die rechtlichen Rahmenbedingungen und auch das notwendige Geld müssten schon im Vorfeld bereitgestellt werden, betont der Bundesobmann der Schaf- und Ziegenzüchter.
Der Tiroler Schafzuchtverband habe den Bedarf an Änderungen erkannt. „Die Bauern haben nichts gegen den Wolf, aber wir haben etwas dagegen, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, die, auch von den Kosten her, nicht bewältigbar sind“, fordert Höllbacher die nötigen Schritte von der Politik ein.