Eskalation im Streit um Mini-Inseln droht
Nachdem mehrere japanische Firmen ihre Produktion in China einstellten, droht der Rivale mit Sanktionen. Auslöser ist der Streit um eine Handvoll unbewohnter Inseln.
Peking/Tokio - In dem neu aufgeflammten Streit um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer droht China mit Sanktionen gegen Japan. Neue Zwischenfälle werden auch mit einer Flotte Hunderter chinesischer Fischerboote befürchtet, die zum Beginn der neuen Fangsaison in das umstrittene Seegebiet um die Inseln aufgebrochen sind. Chinas Küstenwache will die Fischer beschützen, während auch japanische Küstenschiffe an den Fanggründen patrouillieren.
Ein Kommentar des kommunistischen Parteiorgans „Volkszeitung“ warnte am Montag, wichtige Wirtschaftsbereiche wie Produktion, Finanzen, Exporte nach China sowie Importe „strategisch wichtiger Materialen“ könnten Ziel solcher Strafmaßnahmen werden.
Handelskrieg für Japan „viel katastrophaler“
Ein Handelskrieg werde zwar beide Länder treffen, aber China sei entschlossen, die Konsequenzen zu tragen, die für Japan viel „katastrophaler“ wären. „Würde Japan lieber noch einmal zehn Jahre verlieren - oder wäre es sogar bereit, um 20 Jahre zurückzufallen?“, fragte der Kommentator.
Sollte Japan seine „Provokationen“ vorantreiben würden Wirtschaftssanktionen „unvermeidlich“, hieß es in dem Zeitungskommentar weiter. Von den Sanktionen könnten die japanische Fertigungs- sowie die Finanzindustrie betroffen sein. Auch auf japanische Exporte und Investitionen in China sowie „strategische Materialimporte“ könnten sich die Sanktionen auswirken, schrieb das Blatt offenbar im Hinblick auf die sogenannten selten Erden, die zur Herstellung zahlreicher Hightech-Produkte benötigt werden.
Bei dem Streit zwischen den beiden Ländern geht es um eine Inselgruppe, die in China Diaoyu und in Japan Senkaku heißt. Vier der fünf Inseln sind bisher in japanischem Privatbesitz, eine gehört der Stadt Tokio. Die japanische Regierung beschloss in der vergangenen Woche den Kauf von drei Inseln. Die Inselgruppe ist von strategisch wichtiger Bedeutung, zudem werden auf dem Meeresboden Öl- und Gasvorkommen vermutet.
China behauptet, dass die erste schriftliche Dokumentierung der Inselgruppe 1372 durch chinesische Seeleute erfolgt sei. Die Japaner wiederum sind davon überzeugt, die Inseln 1884 entdeckt zu haben.
Japaner in China bekommen Zorn zu spüren
In China gab es in den vergangenen Tagen Proteste und Angriffe gegen japanische Autos, Restaurants und Unternehmen. Japanischen Medienberichten zufolge stellte der Elektronikhersteller Panasonic im chinesischen Qingdao den Betrieb angesichts der Ausschreitungen bis mindestens Dienstag ein. Auch der Kamerahersteller Canon habe den Betrieb in drei seiner vier wichtigsten Fabriken in China am Montag und Dienstag suspendiert.
Beim Autobauer Toyota lief nach Firmenangaben indes alles nach Plan. Der Unterhaltungsriese Sony teilte mit, man habe seinen Mitarbeitern geraten, nicht unbedingt notwendige Reisen nach China vorerst zu unterlassen. Ein Sony-Sprecher in Shanghai sagte, bisher verliefen die Geschäft in China normal. Das Unternehmen hielt es sich aber offen, gegebenenfalls zu reagieren.
Die Proteste waren am Sonntag eskaliert. Auch am Montag blieben noch einige japanische Supermärkte geschlossen. Viele japanische Schulen im ganzen Land, darunter in den Großstädten Peking und Shanghai, sollten die ganze Woche geschlossen bleiben.
US-Außenminister zu Treffen in Japan
Die USA riefen China und Japan zur friedlichen Lösung auf. „Es ist extrem wichtig, dass diplomatische Mittel auf beiden Seiten genutzt werden, um zu versuchen, diese Angelegenheiten konstruktiv zu lösen“, sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta am Montag nach einem Treffen mit seinem japanischen Amtskollegen Satoshi Morimoto in Tokio.
Panetta und der japanische Außenminister Koichiro Gemba verständigten sich auf eine Zusammenarbeit ihrer Länder mit dem Ziel, ernsthafte Schaden in den Beziehungen zwischen Japan und China zu vermeiden.
„Wichtig in den Beziehungen zwischen Japan und China ist es, Missverständnisse und Fehleinschätzungen zu vermeiden“, sagte Gemba. Er sprach sich für eine intensivere Kommunikation beider Länder aus. Die Lage dürfe nicht weiter eskaliert werden. Panetta sprach in Tokio über die umstrittene Stationierung von Marineflugzeugen des Typs Osprey auf der südjapanischen Insel Okinawa. Panettas nächste Station ist China. (APA/dpa/AFP/Reuters)