Brüssel kann auf EU-freundliche Niederlande hoffen
Nach den Parlamentswahlen wollen Sozialdemokraten und Rechtsliberale zügig eine Regierung bilden.
Amsterdam - Europa kann aufatmen: Die Niederlande wollen zügig eine Regierung bilden, und die wird proeuropäisch. Sozialdemokraten und Rechtsliberale geben zum traditionellen „prinsjesdag“ ein positives Signal.
Sozialdemokraten und Rechtsliberale in Den Haag geben Gas. Überraschend schnell nach der Parlamentswahl haben der Sieger, der rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte, und sein sozialdemokratischer Gegenspieler Diederik Samsom am Montag Koalitionsgespräche aufgenommen. Zunächst noch informell. Denn das Parlament muss dazu offiziell den Startschuss geben, und die Abgeordneten werden erst am Donnerstag vereidigt.
Doch das Signal ist deutlich. „Angesichts der europäischen Krise brauchen wir schnell eine Regierung“, bekräftigte Rutte in Den Haag. Die wichtigen Entscheidungen, die Europa schon im Oktober in Bezug auf Griechenland treffen muss, lassen auch keine monatelangen Verhandlungen zu. Das wissen Rutte und Samsom. „Es gibt eine breite Basis für eine Koalition,“ sagte Samsom in Den Haag.
Das positive Signal prägt auch den „prinsjesdag“ in diesem Jahr. Traditionell wird in den Niederlanden immer am 3. Dienstag im September, dem sogenannten Tag der kleinen Prinzen, das parlamentarische Jahr eröffnet. Königin Beatrix fährt in ihrer goldenen Kutsche beim Parlament in Den Haag vor und verliest im Rittersaal die Thronrede. Der Finanzminister legt dem Parlament den Haushaltsplan vor, und alle Damen tragen Hut.
In diesem Jahr ist vieles anders. Der Haushalt trägt noch die Handschrift der bisherigen Mitte-Rechts-Regierung. Geplant sind einschneidende Reformen wie die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre und Sparmaßnahmen von rund 20 Milliarden Euro. Viel Spielraum zu Veränderungen hat auch die neue Regierung nicht. Das Spar- und Reformpaket ist notwendig, um das Haushaltsdefizit unter die drei Prozent des Haushaltsdefizits zu senken, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegeben sind.
In der Europa-Politik aber kann sich etwas ändern. Eine Koalition mit den Sozialdemokraten wird in Brüssel konstruktiver und Europa-freundlicher sein, prophezeien Beobachter. Den Haag war zwar ein treuer Verbündeter von Kanzlerin Angela Merkel bei der Spar- und Stabilitätspolitik. Doch in anderen Bereichen präsentierten sich die Niederlande oft als Bremser. So lehnte Premier Rutte strikt die Pläne für eine weitergehende politische Union ab und wollte auch weitere Hilfen für Griechenland blockieren.
Doch bisher war seine Minderheitsregierung von der Unterstützung des Europa-feindlichen Rechtspopulisten Geert Wilders abhängig. Der aber ist der große Verlierer der Wahlen. Die Sozialdemokraten sind kompromissbereiter, wenn es um mehr Spielraum für Griechenland geht und sie befürworten eine stärkere Union. Gleichzeitig halten auch sie aber an der Haushaltsdisziplin fest. „Nach diesen Wahlen wird der niederländische Premier in Europa etwas deutscher“, prophezeit „De Volkskrant“. (dpa)