Das Ende des Euro als Krimi: „Die Stunde des Adlers“
Markus A. Wills, Redakteur der „Börsen-Zeitung“ blickt in einem Wirtschaftskrimi in die nahe Zukunft: Der Euro wird abgeschafft, die D-Mark wieder eingeführt.
Von Sibylle Peine, dpa
Berlin - Euroland ist abgebrannt. Zumindest in Markus A. Wills Krimi „Die Stunde des Adlers“. Der Journalist und Wirtschaftswissenschaftler entwickelt in seinem aktuellen Thriller ein Szenario, das sich manche wünschen, andere aber fürchten wie die Pest: Deutschland steigt aus dem Euro aus und führt die D-Mark wieder ein. Der Tag, an dem dies geschieht, heißt D-Day. Er ist streng geheim und wird geplant wie eine „allgemeine Mobilmachung“. Außer der Bundesregierung wissen nur einige Bundesbanker von dieser Aktion. Diese sträuben sich mit aller Macht dagegen und müssen bald sogar um ihr Leben fürchten.
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Will siedelt seinen Krimi in einer nahen Zukunft an. Griechenland hat die Eurozone verlassen, die Regierung Merkel ist abgewählt, weil sie die Probleme mit dem Euro nicht in den Griff bekam. Die längst eingeführten Eurobonds wurden zu einer schweren Hypothek: „Deutschland bekam über immer höhere Zinsen zu spüren, dass die Welt der Investoren und der Wähler den Glauben an Europa zu verlieren begann. Und weil die demokratische Legitimation für die Transferunion fehlte, hatten sich auch die Wähler abgewandt.“
Immer mehr Menschen vergruben aus Angst heimlich Gold in ihren Gärten oder erwarben Land. Die Eurogegner, die „Markigen“, bekamen Zulauf von allen Seiten und eroberten schließlich ganz legal die Macht. Damit hatte das letzte Stündlein des Euro geschlagen.
Die schärfsten Gegner der „Markigen“ sind in dem Roman die Vertreter der Bundesbank - Präsident Claus Dieter Dohm und Zentralbereichsleiter Hanns-Hermann von Hartenstein, auch kurz Triple H genannt. Als leidenschaftliche Befürworter des Euro klingen ihre Argumente ein bisschen wie das Mantra heutiger Politiker. So sinniert Hartenstein darüber, „dass Europa viel mehr war als ein Wirtschaftsraum. Dass es um eine europäische Identität ging. Und dass es auch um Frieden in Europa ging.“
Auf der anderen Seite stehen Bundeskanzler Franz Peter Roth und Finanzstaatssekretärin Anna-Maria Kuhn. Als eine Art Lady Macbeth der Deutschen Mark Partei scheut die toughe junge Dame auch vor Mord nicht zurück, um die D-Mark auf Biegen und Brechen wieder einzuführen, natürlich alles nur im Namen des Volkes. Tatsächlich steht sie mit den garstigen US-Hedgefonds in inniger Verbindung.
Der Dramaturgie des Romans mag eine schöne junge, abgrundtief böse Frau gut tun. Realistisch ist es aber nicht gerade, dass eine gerade mal 30-Jährige, die die D-Mark höchstens noch als Kind kannte, zum Motor der Anti-Euro-Bewegung wird und selbst den Bundeskanzler zur willenlosen Marionette degradiert.
Ziemlich gut recherchiert hat Will dagegen die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe zur Eurokrise sowie das Innenleben der Bundesbank. Hier hat es der Autor mit der Schilderung langatmiger Sitzungen und Interna sogar etwas zu gut gemeint. Der Krimi kommt dadurch nur schleppend in Schwung, nimmt dann allerdings im letzten Drittel an Fahrt auf und entwickelt sich am Ende tatsächlich zum Thriller.
Dieser Wirtschaftskrimi ist durchaus auch als politisches Statement zu verstehen. Der frühere Redakteur der „Börsen-Zeitung“ erteilt darin allen nostalgischen D-Mark-Träumen eine deutliche Absage. Am Ende, so macht er auf erschreckende Weise klar, stünde nämlich nicht die Gesundung Deutschlands, sondern millionenfache Wertvernichtung.