Bühne

Er war ein Könner, kein Blender

Innsbruck – Als der in Wien lebende Tiroler Komponist Johann Rufinatscha (1812–1893) in seinen letzten Lebensjahren verarmt und vereinsamt e...

Innsbruck –Als der in Wien lebende Tiroler Komponist Johann Rufinatscha (1812–1893) in seinen letzten Lebensjahren verarmt und vereinsamt erfahren musste, dass er allmählich in Vergessenheit geriet, beschloss er, sein Vermächtnis dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, seinem „vaterländischen Museum“, zum „immerwährenden Depot“ zu übergeben. Ob er sich, wie später sein Enkelschüler Gustav Mahler, je erträumt hat, dass seine Zeit einst kommen werde? Sie kam spät.

Manfred Schneider, ehemaliger Musikkustos des Ferdinandeums, begann, die Schätze zu heben. Staunen machten die Bruckner regelrecht vorbereitenden Symphonien (insgesamt sechs), das Klavierkonzert, Ouvertüren, Kammermusik u. a. Der amtierende Musikkustos, Franz Gratl, veröffentlicht jetzt in seiner CD-Reihe musikmuseum eine 3-CD-Box mit Klavierwerken Rufinatschas, eingespielt von Marlies Nussbaumer. Sie positioniert die Werke sehr präzise zwischen Klassik und Romantik und öffnet damit eine vernachlässigte Zeit. Nussbaumer zeigt Rufinatschas Entwicklung, seine Eigenständigkeit und seinen künstlerischen Ernst, der sich scheinbar schlicht, nie aber sentimental äußern konnte. In der tonleiterselig frühen, dem Theorielehrer Simon Sechter gewidmeten f-Moll-Sonate op. 17 träumt das Menuett vom Hammerklavier, in der späten, dem Brahms-Freund Julius Epstein zugeeigneten d-Moll-Sonate op. 18 greift der Steinway groß und tiefsinnig. Rufinatscha war ein Könner, kein Blender. Auf der CD mit so viel zu entdeckender Klaviermusik sind noch die Sonaten op. 7 und 9 sowie Fantasien, die sechs Charakterstücke op. 14, Franz Liszt gewidmete Märsche u. a. enthalten.

Johann Rufinatscha wurde am 1. Oktober 1812 in Mals/Südtirol geboren und an der Schule des Innsbrucker Musikvereins in Klavier, Geige und Komposition ausgebildet. Danach ging er nach Wien, wurde dort als Klavier- und Theorielehrer bekannt und als Tonschöpfer gefeiert. Er starb am 25. Mai 1893.

Die von Tirol ausgehende Rufinatscha-Renaissance greift inzwischen international. Die Feierlichkeiten zu Rufinatschas 200. Geburtstag haben in Nord- und Südtirol bereits begonnen und werden nun mit Konzerten fortgesetzt: Mit Nussbaumers Klavierabend am 21. Oktober im Innsbrucker Konservatorium und einem Orchesterkonzert – Michael F.P. Hubers Rekonstruktion der c-Moll Symphonie u. a. – am 25. November im Innsbrucker Kaiser-Leopold-Saal. Tags zuvor sind die Konzerte jeweils in Mals. (u.st.)