Unklare Positionen: Mosers Rückzug setzt Koalition unter Druck
Gabriela Moser machte am Dienstag den Weg frei für die Fortführung des U-Ausschusses und legte den Vorsitz nieder. Doch ob plötzlich alles eitel Wonne ist, bleibt abzuwarten. Vor allem die Positionen von SPÖ und ÖVP sind unklar.
Wien – „SPÖ und ÖVP haben jetzt keine Ausreden mehr, um den U-Ausschuss abzudrehen“. Das sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig, nachdem ihre Parteikollegin Gabriela Moser den Ausschussvorsitz am Dienstag zurücklegte. Nach wochenlangem Streit und Blockade hatten zuletzt SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ Moser zum Rücktritt aufgefordert.
Ein vorzeitiges U-Ausschuss-Ende stand im Raum, das mit Mosers Schritt am Dienstag vom Tisch schien. Nun gehen SPÖ und ÖVP die Argumente aus, nicht weiter „aufzuklären“. Doch die Positionen der beiden Regierungsparteien sind nach wie vor unkonkret. Klarheit wird wohl erst ein „Gipfelgespräch“ der Fraktionschefs bei Nationalratspräsidentin Prammer am Mittwoch bringen.
Amon: Fristsetzungsantrag nicht ausgeschlossen
So drängte ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon Dienstagmittag gleich darauf, dass der U-Ausschuss nun „schnell die Arbeiten wieder aufnehmen“ müsse. Einige Stunden später schloss er hingegen einen Fristsetzungsantrag nicht aus. Mit einem solchen Antrag könnte der Ausschuss vorzeitig beendet werden. Mosers Rücktritt sei ein „wesentlicher Schritt“ für die Fortsetzung, nun gelte es aber, „inhaltliche Differenzen“ aufzulösen, erklärte Amon am Dienstagnachmittag.
Amon verwies auf das anstehende Gespräch der Fraktionsführer mit Prammer. Er sei optimistisch, dass die Grünen einsehen, Fehler gemacht zu haben und die inhaltlichen Differenzen gelöst werden können. Offene Punkte sind für Amon demnach etwa Termine oder Ladungslisten.
Einen Favoriten für die Moser-Nachfolge gibt es noch nicht, drei heikle Themen stehen noch auf dem Programm: die Inseraten-Affäre um Kanzler Faymann, die Telekom-Ostgeschäfte, in die auch der SPÖ-nahe Unternehmer Martin Schlaff verwickelt sein soll, und Staatsbürgerschaften, die unter Schwarz-Blau und Schwarz-Orange vergeben worden sind.
Faymann & Co. zurückhaltend
Aus der SPÖ waren am Dienstag nur zurückhaltende Reaktionen zu hören. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) legte sich nach dem Ministerrat nicht fest, ob der Ausschuss seine Arbeit fortsetzen soll: Dies sei „ausschließlich Sache des Parlaments und der Abgeordneten“. Zurückgewiesen wurde von Faymann die Vermutung, dass auch die vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl befeuerte Neuwahldebatte der vergangenen Tage etwas mit dem Konflikt um den U-Ausschuss und seiner von der ÖVP ursprünglich gewünschten Zeugenladung zu tun haben könnte.
„Man muss schauen, wie man weiterkommt. Die Chance, weiterzuarbeiten, sei da“, sagte Otto Pendl, SP-Fraktionsführer im U-Ausschuss. Keine Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen gab es von SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Er hatte Moser vergangene Woche den Rücktritt nahegelegt und außerdem für Aufregung gesorgt, weil er gemeint hatte, eine Ladung von Faymann in der Inseratenaffäre in den Ausschuss sei sinnlos, da in einem TV-Gespräch bereits alles Wesentliche gesagt worden sei.
Die Opposition drängte auch am Dienstag weiter auf eine Ladung Faymanns in der Inseratenaffäre. Auch ÖVP-Politiker wie Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich befürworteten eine Ladung Faymanns, Parteichef Spindelegger meinte zu diesem Thema nur: „Das ist und bleibt eine Angelegenheit des Parlaments.“
Zufrieden mit dem Rückzug Mosers zeigten sich FPÖ und BZÖ. Man zolle Moser Respekt, dass sie mit ihrem Rücktritt die Blockade im Ausschuss löse, ließ FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz am Dienstag ausrichten. BZÖ-Mandatar Stefan Petzner sprach von einem „klugen Schritt im Sinne des Ausschusses“ - jetzt hätten die Regierungsparteien „keine Ausrede mehr“. Bezüglich Mosers Nachfolge zeigten sich beide Parteien offen.
„Endlich die Causa Faymann abhandeln“
Gabriela Moser hatte am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz am Rande der Grünen Klubklausur in Niederösterreich ihren Rückzug als U-Ausschuss-Vorsitzende bekanntgegeben. „Ich trete nicht zurück, sondern ich mache den Weg frei, damit die Weiterarbeit im Untersuchungsausschuss zumindest ansatzweise erfolgen kann“, erklärte Moser. „Ich räume meinen Vorsitzsessel, weil ich klebe nicht - damit habe ich eine neue Politkultur in Österreich etabliert.“ Ihre „tiefste persönliche Entscheidung“ sei über Nacht gefallen. „Der Strohhalm der Regierungsparteien war ja immer, dass ich nicht zurücktrete. Der fließt nun den Bach hinunter“, so Moser.
Zu ihren Erwartungen sagte Moser, es gehe ihr darum, dass nun am Mittwoch nach der Plenarsitzung im Ausschuss weitergearbeitet werde. Es sollten sofort Ladungslisten und Termine festgelegt werden, damit „wir endlich die Causa Faymann zumindest auf Aktenbasis abhandeln“. Erneut sprach sie eine Einladung an Bundeskanzler Werner Faymann aus, in den U- Ausschuss zu kommen. „Ich kann ihm auch noch gerne einen Brief schreiben“, sagte sie mit Blick auf ein von der FPÖ verfasstes Einladungsschreiben.
Gefragt, ob sie sich auch vorstellen könnte, dass die Regierungsfraktionen den Ausschuss trotz ihres Rückzugs „abdrehen“, sagte Moser: „Kann sein. Sie sollen entscheiden, so wie sie es verantworten.“
„Strich durch die Rechnung“ von SPÖ und ÖVP
Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die noch am Vortag einen Rückzug Mosers kategorisch ausgeschlossen hatte, gratulierte Moser. Wie diese betonte sie, dass die Grünen mit diesem Schritt den anderen Parteien einen Strich durch die Rechnung machen würden. Die Kritik (bzw. Rücktrittsaufforderung) an Moser sei eine „derart billige Ausrede“ gewesen, um den Ausschuss zu blockieren, die nicht nachvollziehbar gewesen sei.
Neben Peter Pilz werde Moser weiterhin Ausschussmitglied bleiben - und „unbeeindruckt von dem Vertuschungskartell“ weiterarbeiten, so die Grünen-Chefin. Es sei wichtig, dass die Aufklärung im U-Ausschuss nun „restlos weitergeht“, da noch nicht einmal die Hälfte der Themen abgearbeitet sei. (TT.com, APA)