Tilg lehnt Tempo 100 ab, Gurgiser fordert Rücktritt
Gesundheitslandesrat Tilg will Pkw nicht einbremsen, um die Luftgüte zu verbessern. Für Transitforum-Chef Gurgiser ist Tilg rücktrittsreif.
Von Anita Heubacher
Innsbruck - Die ÖVP-Landesräte touren derzeit durch die Bezirke, um Bilanz über die Regierungsarbeit zu ziehen. Diese fällt naturgemäß positiv aus und ist umfangreich. Mit Wahlkampf habe das nichts zu tun, erklärte Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg am Dienstag in Innsbruck.
Tilg hatte die Presse zum neuen Museum auf den Bergisel gerufen. Im „Panorama“ fällt der Blick allerdings nicht nur auf die schöne Landeshauptstadt, sondern auch auf die Autobahn Richtung Brenner. Rund zwei Millionen Lkw werden in Schönberg pro Jahr registriert. Dazu kommen bereits jetzt sieben Millionen Pkw-Fahrten. Bis Jahresende werden es weit mehr sein. Das lässt die Luftbelastung steigen. Mehrmals im Jahr werden die Grenzwerte für Stickoxid überschritten. Das geht aus dem Luftgüte-Bericht des Landes hervor.
„Die Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen“, werden LH Günther Platter und der Gesundheitslandesrat in einer Broschüre zitiert, die Tilg zur Pressekonferenz mitgenommen hat. Mit Tempo 100, das laut Umweltbundesamt den Schadstoffausstoß um ein Viertel reduziert, kann Tilg dennoch nichts anfangen. Es gebe „andere ideale Maßnahmen, die es mit den Nachbarregionen abzustimmen gilt“. Eine solche Maßnahme wäre laut Tilg das sektorale Fahrverbot, das bestimmte Güter von der Straße auf die Schiene verbannte. Der Preis für die Lkw-Fahrverbote ist allerdings, dass Tirol Tempo 100 für Pkw einführt. So regt es zumindest der Europäische Gerichtshof an. Der Landesrat setzt auf den „Verhandlungsweg“.
Tilg will am Luft-Hunderter festhalten. „Die dynamische Schaltung ist der richtige Weg.“ Darüber hinaus setzt der Gesundheits- und Verkehrslandesrat auf den Bau des Brennerbasistunnels. Dieser könnte im günstigsten Fall bis 2026 gebaut sein.
Fritz Gurgiser bleibt ob dieser Ansagen die Luft weg. Er forderte gestern, den Rücktritt Tilgs. „Diese Aussagen sind die größte Missachtung des Grundrechts auf Gesundheit, die es jemals in Tirol gegeben hat.“ 3641 Tage müssten die Tiroler bereits „im größten ausgewiesenen Luftsanierungsgebiet innerhalb der Union“ leben. Das sei unerträglich. Gurgiser will Tempo 60 für Lkw, 80 km
h für Busse und 100 km/h für Pkw. Am 28. September ruft er zur Versammlung auf die Autobahn bei Vomp. Dort werden die Grenzwerte um bis zu 120 Prozent überschritten.
Am Bergisel erklärte Tilg gestern, dass er auch in der nächsten Landesregierung vertreten sein wolle. Er würde „sehr gerne weitermachen“. Dies würden die Parteigremien entscheiden. Tilg stellt sich erstmals der Wahl. 2008 wurde er als Quereinsteiger von LH Platter nominiert.