Wen Jiabao kritisiert EU-Waffenembargo gegen China
Die EU hatte nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens von 1989 ein Waffenembargo gegen China verhängt.
Brüssel - Chinas Regierungschef Wen Jiabao hat zu Beginn eines Gipfeltreffens mit der EU deren Waffenembargo gegen sein Land kritisiert. „Wir haben zehn Jahre lang hart daran gearbeitet, aber eine Lösung war nicht zu erreichen. Ich bedaure das zutiefst“, sagte er. Zugleich forderte Wen am Donnerstag in Brüssel Fortschritte bei der Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft. Außerdem sagte China als einer der größten Produzenten von Treibhausgasen der Europäischen Union eine engere Zusammenarbeit beim Klimaschutz zu.
Bei Wens Worten brach die vom EU-Fernsehen verantwortete Fernsehübertragung der Eröffnungsworte plötzlich ab. Zu verstehen war lediglich noch: „Ich hoffe, dass die EU-Seite die Gelegenheit nutzt und bald eine größere Initiative zur Beseitigung von...“ Ein Sprecher des EU-Ministerrates sagte, die Übertragung von Wens Äußerungen sei abgebrochen worden, weil die chinesische Delegation signalisiert habe, dass dessen Bemerkungen nicht mehr Teil der öffentlichen Auftakt-Erklärung seien.
Journalisten waren zum Gipfel nicht zugelassen. Auch eine Pressekonferenz gab es nicht. Die EU-Kommission hatte Reporter auf die Übertragung der Reden verwiesen.
Das Verbot von Waffenexporten aus Europa nach China war nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking 1989 eingeführt worden. Die EU hat nach Diplomatenangaben vom Mittwoch bisher nicht die Intention, das Embargo aufzuheben. Allerdings ist das Embargo innerhalb der EU nicht unumstritten.
Wen drang zugleich darauf, dass die EU China als volle Marktwirtschaft anerkennen möge. Dieser Status hat Auswirkungen auf Handelsstreitigkeiten etwa vor der Welthandelsorganisation in Genf. Solange China nicht als volle Marktwirtschaft gilt, kann die EU in Genf zum Beispiel leichter geltend machen, dass chinesische Firmen Dumping betreiben. Zuletzt hatte es Spannungen zwischen Peking und Brüssel gegeben, als die EU-Kommission eine Dumping-Untersuchung zu billigen Solarpaneelen aus China einleitete.
Konflikt zwischen China und Japan
Der Handel dürfte auf dem 15. EU-China-Gipfel eine Hauptrolle spielen. Allgemein urteilte Wen über die Beziehungen: „Wir betrachten die Entwicklung des anderen als eine Chance, nicht als eine Bedrohung.“ Laut EU-Diplomaten sollten aber auch heikle Themen wie die Menschenrechte in China und der diplomatische Konflikt zwischen China und Japan um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer zur Sprache kommen.
Zu Beginn des Gipfels hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Rolle des aus dem Amt scheidenden Wen bei der Verbesserung des Verhältnisses zwischen der EU und China in den vergangenen zehn Jahren gewürdigt. „Ihre Rolle war entscheidend dafür, dass wir da sind, wo wir jetzt sind“, sagte er. Die EU und China seien sich stärker denn je ihrer wechselseitigen Abhängigkeit bewusst. Der Handel zwischen beiden Seiten wuchs in zehn Jahren um 280 Prozent. China ist der zweitgrößte Handelspartner der EU, knapp hinter den USA. Für China ist die EU der größte Exportkunde.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, die „strategische Partnerschaft“ mit China beruhe auf „wechselseitigem Respekt, wechselseitigem Nutzen und Freundschaft“: „Im Geiste dieser Freundschaft können wir über alle Themen sprechen - jene, über die wir uns einig sind, und über jene, wo wir nicht immer einig sind.“
Auch Wen räumte „wegen unserer unterschiedlichen Kultur, Geschichte und Sozialsysteme“ Meinungsunterschiede ein. Es sei dennoch möglich, „den Dialog fortzusetzen, Unterschiede zu überwinden und gemeinsame Interessen zu wahren“. Er forderte die EU zu „gemeinsamem Nachdenken über die künftige internationale Landschaft“ auf. Beide Seiten sollten „umfassende strategische Partner füreinander im wirklichen Sinne werden“.
Eine Zusammenarbeit soll es beim Kampf gegen die Erderwärmung geben. China wolle gemeinsam mit den Europäern Systeme für den Emissionshandel entwickeln, teilte die EU-Kommission mit. Andris Piebalgs, EU-Kommissar für Entwicklung, und der chinesische Handelsminister Chen Deming, unterzeichneten einen Vertrag über Finanzhilfen für Projekte, die den C02-Ausstoß der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt reduzieren sollen. Strittig blieb die Teilnahme chinesischer Fluggesellschaften am europäischen Emissionshandel: Die EU verlangt eine Beteiligung ab April, um ihre Klimaziele zu erreichen. China weigert sich bisher aber, Rechte auf den Ausstoß von Treibhausgasen zu kaufen und damit seinen Airlines Kosten aufzuhalsen. (APA/dpa/AFP/Reuters)